Zweifel an EU-Zielen
22. Oktober 2009Es gehe nicht darum, Entscheidungen zu treffen, sondern Impulse für die weitere konkrete Arbeit zu geben, sagte der schwedische Premier Reinfeldt bei der Eröffnung der Entwicklungstage am Donnerstag (22.10.2009). Die Europäische Union verspricht, ihre Zusagen trotz Wirtschaftskrise einzuhalten, doch die Entwicklungsländer haben ihre Zweifel.
Geld für Banken statt für Entwicklungshilfe
EU-Kommissionspräsident José Barroso bestand darauf, dass die Europäer an den so genannten Milleniumszielen nicht rütteln. Diese sehen vor, dass die Armut in den ärmsten Ländern der Welt bis 2015 halbiert werden soll. Dazu würden die Geberländer ihre Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigern müssen, sagte Barroso in Stockholm, trotz der Wirtschaftskrise. Zurzeit würden diese Milleniumsziele jedoch klar verfehlt, sagte der Leiter des Internationalen Wissenschaftsrates für Klimawandel, Rajendra Pachauri: "Heute steigen die verschiedenen Indikatoren für Armut wieder an. Wir sind im Rückstand." Bis zum Jahr 2015 müsste die EU ihre Anstrengungen fast verdoppeln.
Vertreter von Hilfsorganisationen beklagten, dass die Industriestaaten fantastische Summen aufbringen würden, um private Banken zu retten - aber für die Entwicklungsländer stünden solche Rettungsschirme nicht bereit. Otive Igbuzor von "Action Aid International" sagte, dass die Finanzkrise noch lange nicht vorbei sei. Die Ärmsten der Armen litten an einer Krise, die sie nicht verursacht hätten. Während die europäischen Staaten damit beschäftigt seien, ihre Banken zu retten, verlören die Armen ihre Arbeit, ihr Haus und seien nicht mehr in der Lage sich selbst zu ernähren.
Der Präsident des afrikanischen Staates Sierra Leone warnte davor, sich nur auf die Geberländer zu verlassen. Die Krise zeige, dass Afrika sich selbst helfen müsse, sagte Präsident Ernest Koroma.
Die EU stopft die schlimmsten Lücken
Die EU-Kommission wies den Vorwurf vieler Hilfsorganisationen, sie tue zu wenig, von sich. José Barroso sagte, ohne die Union und die internationalen Finanzorganisationen wären viele Entwicklungsländer bereits pleite. "Wir haben 500 Millionen Euro an die am härtesten betroffenen Länder gezahlt. Die schlimmsten Lücken in den Haushalten wurden gestopft, um die Staaten funktionsfähig zu halten", betonte Barroso. Die EU sei für viele Staaten die finanzielle Rettung in letzter Minute gewesen.
Die Entwicklungsländer leiden nicht nur unter sinkenden Preisen für Rohstoffe auf den Weltmärkten und zurückgehende Exporte, sondern auch darunter, dass nach Europa ausgewanderte Arbeitnehmer weniger Geld an ihre Familien schickten. Denn Migranten in Europa würden am ehesten von der Wirtschaftskrise getroffen. Rajendra Pachauri vom Klimarat geht davon aus, dass die Wirtschaftskrise zusammen mit den Folgen des Klimawandels für Afrika bereits im Jahr 2020 fatale Folgen haben könnte: Die Ernteerträge in etlichen Staaten würden um die Hälfte zurückgehen. Und die Staaten hätte keine Mittel, um zusätzlich Nahrung zu kaufen. Die stehe auf dem Weltmarkt auch gar nicht zur Verfügung, so Pachauri.
Bessere Koordination nötig
Der Gastgeber des Gipfeltreffens in Stockholm, der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, sieht in den Reformen, die die G8 und die G20-Staaten angeschoben haben, erste ermutigende Schritte. Die Krise berge auch die Chance, das ungerechte und unsichere Weltfinanzsystem zu reformieren, so Reinfeldt: "Die Kultur der Gier, die in einigen Teilen der Welt zu lange nicht kontrolliert wurde, muss beendet werden. Die EU bewegt sich und ich freue mich auf die Arbeit, die noch vor uns liegt", sagte er weiter.
Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Julia Kuckelkorn