EU wartet bei Russland-Sanktionen ab
8. September 2014Dies teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach langwierigen Beratungen in Brüssel mit. Die neuen Strafmaßnahmen sollten "in den nächsten paar Tagen" in Kraft treten. "Dies wird (uns) Zeit geben für eine Beurteilung der Umsetzung der Waffenstillstands-Vereinbarung und des Friedensplans", erläuterte Van Rompuy. Mit Blick auf die Situation vor Ort - also in der Ostukraine - sei die EU bereit, "die vereinbarten Sanktionen ganz oder teilweise noch einmal zu überdenken". Nach Angaben eines Diplomaten sollen die EU-Botschafter am Mittwoch wieder über die Lage beraten.
Sanktionen gegen Ölsektor
Nachdem die EU bereits russischen Banken im staatlichen Mehrheitsbesitz die Kreditaufnahme in Europa erschwert hat, nimmt sie Diplomaten zufolge mit dem neuen Sanktionspaket jetzt auch die Ölkonzerne Rosneft und Transneft sowie die Ölsparte des Energieriesen Gazprom ins Visier. Die Restriktionen betreffen ferner den Handel mit Waffen und Gütern, die neben einem zivilen auch einen militärische Nutzen haben können. Zudem will die EU weitere aus ihrer Sicht Verantwortliche für die Destabilisierung der Ukraine mit Einreiseverboten und Kontosperren belegen.
Finnische Bedenken
Die neue Sanktionsrunde ist in der EU nicht unumstritten. Vor allem osteuropäische Staaten sind wirtschaftlich eng mit Russland verzahnt und fürchten Nachteile durch weitere EU-Handelsverbote und Gegenreaktionen Russlands. Auch Finnlands Regierungschef Alexander Stubb meldete Bedenken an: "Ich bin sehr besorgt über die indirekten Auswirkungen und russische Gegensanktionen", sagte er in Helsinki, ohne ins Detail zu gehen. "Es ist unmöglich zu sagen, was kommt."
Merkel: Moskau täuscht
Hingegen betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Notwendigkeit neuer Russland-Sanktionen. Vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagte Merkel nach Angaben mehrerer Teilnehmer, dieser Schritt sei trotz des vereinbarten Waffenstillstands nötig. Russland, dem vorgeworfen wird, die prorussischen Separatisten mit Personal und Material zu unterstützen, habe den Westen schon mehrfach getäuscht, sagte die Kanzlerin zur Begründung. Noch immer befänden sich russische Kämpfer und russisches Militärgerät in der Ostukraine.
Schon vor den Beratungen in Brüssel hatte Russland mit Gegenmaßnahmen gedroht, sollte die EU neue Sanktionen beschließen. Regierungschef Dmitri Medwedew sagte dem Wirtschaftsmagazin "Wedomosti", man werde "asymmetrisch" antworten. Als eine Möglichkeit nannte er ausdrücklich die Überflugrechte für den russischen Luftraum, die Moskau gewähre. Medwedew sagte, viele Fluglinien könnten "bankrott gehen", wenn sie die Strecke zwischen Europa und Asien nicht mehr über Russland abkürzen dürften. Strafmaßnahmen seien ein "schlechter Weg. Die Sanktionen gegen uns haben nicht zu mehr Frieden in der Ukraine geführt", erklärte der russische Ministerpräsident.
wl/SC (rtr,dpa, afp)