EU verhängt Sanktionen wegen sexueller Gewalt
8. März 2023Die Europäische Union hat erstmals Sanktionen wegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen verhängt. Die Strafmaßnahmen richten sich unter anderem gegen Minister der radikalislamischen Taliban in Afghanistan sowie gegen hochrangige russische Militär- und Polizeiangehörige. Künftig dürfen die Betroffenen nicht mehr in die EU einreisen und ihre etwaigen Vermögen in der EU müssen eingefroren werden.
Dem Taliban-Minister für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters, Sheikh Muhammad Khalid Hanafi, werden beispielsweise die Beschränkung der Rede- und Meinungsfreiheit von Frauen und Mädchen sowie diskriminierende Dekrete zum Tragen des Kopftuchs vorgeworfen. Sanktionen wurden auch gegen den Minister für höhere Bildung, Mullah Neda Mohammad, verhängt.
Folter an Kritikerinnen des Ukraine-Krieges
Die russischen Polizeioffiziere sollen für die willkürliche Inhaftierung und Folter von Frauen verantwortlich sein, die gegen den Krieg in der Ukraine demonstriert hatten. Zitiert werden in der Sanktionsbegründung Berichte von Opfern, dass sie "geschlagen, mit Kunststofftüten fast zum Ersticken gebracht und Stunden lang körperlich und verbal missbraucht" worden seien.
Mitgliedern der russischen Streitkräfte wird die Verantwortung für systematische sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt in der Ukraine vorgeworfen. Die EU stützt sich dabei auch auf Anklagen ukrainischer Behörden. Bei ihnen geht es etwa um die Vergewaltigung einer schwangeren Frau in der Nähe von Kiew, die Ermordung einer Zivilperson nach wiederholter Vergewaltigung von dessen Frau in Anwesenheit eines kleinen Kindes sowie die Beteiligung von Angehörigen einer Division an Gruppenvergewaltigungen.
"Wir lassen den Worten Taten folgen"
Zum Internationalen Frauentag zeige die EU, dass man im Kampf gegen Gewalt an Frauen den Worte Taten folgen lasse, kommentierte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Entscheidung der EU-Staaten vom Dienstag. Es gehe darum, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und Straflosigkeit zu bekämpfen.
Neben den neun Personen wurden zudem auch die syrische republikanische Garde, das Frauengefängnis Qarchak im Iran und das Amt des Chefs des militärischen Sicherheitsdienstes in Myanmar sanktioniert. "Die syrische republikanische Garde ist Teil einer systematischen Vorgehensweise des syrischen Regimes, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt einzusetzen, um die syrische Bevölkerung, insbesondere Frauen und Mädchen, zu unterdrücken und einzuschüchtern", heißt es im Sanktionsbeschluss.
Zum Amt des Chefs des militärischen Sicherheitsdienstes in Myanmar (OCMSA) heißt es, Mitarbeiter des OCMSA verwendeten "erzwungene Nacktheit, Vergewaltigung, Elektroschocks, das Abbrennen von Genitalien und übermäßige Gewalt während der willkürlichen Inhaftierung und Vernehmung von Männern, Frauen und Mitgliedern der LGBTIQ-Gemeinschaft". Letzteres sind Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-Menschen, queere sowie intergeschlechtliche Menschen.
Guterres beklagt "massive Rückschritte"
Zuvor hatte UN-Generalsekretär António Guterres "massive Rückschritte" bei den Rechten von Frauen und Mädchen beklagt. Eine echte Gleichstellung sei "noch 300 Jahre entfernt", sagte er in New York vor der UN-Vollversammlung.
Guterres warnte, die Gleichstellung von Frauen und Männern rücke "in immer weitere Ferne". "Die über Jahrzehnte erzielten Fortschritte verschwinden vor unseren Augen", sagte er in seiner Rede am Montag (Ortszeit) zur Eröffnung einer zweiwöchigen Sitzung der UN-Frauenrechtskommission anlässlich des Weltfrauentags am 8. März.
Als Beispiele nannte der UN-Generalsekretär Kinderehen oder den mangelnden Bildungs-Zugang von Mädchen. Besonders schlimm sei die Lage in Afghanistan, wo die radikalislamischen Taliban "Frauen und Mädchen aus dem öffentlichen Leben verbannt" hätten.
Guterres setzt dagegen vor allem auf Bildung, um patriarchalische Strukturen zu überwinden. Er rief die Weltgemeinschaft auf, eine geschlechtergerechte Bildung zu ermöglichen und in die "Überwindung der digitalen Kluft zwischen den Geschlechtern" zu investieren.
mak/fw (afp, dpa)