Lauer Kompromiss und keine Blockade
30. Januar 2015"Es waren keine einfachen Diskussionen", so beschrieb Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die Sondersitzung mit seinen europäischen Kollegen, "und es war schwierig, die europäische Geschlossenheit zu bewahren". Hinter den Türen des Sitzungssaales war es zu beträchtlichem Streit mit dem neuen griechischen Außenminister Nikos Kotzias gekommen, wie auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini einräumte. Aber: Es gab am Ende immerhin eine Einigung auf einen kleinen gemeinsamen Nenner. Die bestehende Liste der Sanktionen mit Kontensperrungen und Reiseverboten, die bislang 132 Personen und 28 Einrichtungen, Unternehmen und Organisationen umfasst, soll um einige weitere Unterstützer der prorussischen Rebellen erweitert werden. Die neuen Namen bleiben vorerst geheim, damit die Betroffenen nicht ihr Vermögen in Sicherheit bringen können. Außerdem werden die bereits bestehenden Maßnahmen bis September 2015 verlängert, sie wären sonst Ende März ausgelaufen.
Mühsame Überzeugungsarbeit
Steinmeier erläuterte, wie er seinen griechischen Kollegen direkt angesprochen habe: Auch für andere Länder am Verhandlungstisch sei es - so der deutsche Minister - manchmal nicht einfach, einem Kompromiss im Sinne der gemeinsamen europäischen Linie zuzustimmen. Damit waren wohl Österreich, Slowenien und die Slowakei angesprochen, die den Nutzen weiterer Wirtschaftssanktionen gegen Russland bezweifeln, bisher jedoch die gemeinsame Linie mitgetragen haben. Und am Ende, berichtete Steinmeier, habe er auch Nikos Kotzias von der Notwendigkeit dieser Geschlossenheit überzeugen können.
Zuvor schon hatte der Deutsche im Vier-Augen-Gespräch versucht, die Gesprächsbereitschaft des Griechen auszuloten. Da fanden sich denn immerhin gemeinsame Studienzeiten an der Universität Gießen als Anknüpfungspunkt. Steinmeier ließ wirklich nichts unversucht und bemühte sogar die menschliche Ebene, um das befürchtete Auseinanderfallen der europäischen Geschlossenheit in punkto Russland-Sanktionen zu verhindern. Denn die griechische Regierung hatte vorab die maximale Drohkulisse aufgebaut, indem sie gegen eine gemeinsame Erklärung der EU in dieser Frage protestierte und Befürchtungen weckte, sie werde hier ein Veto einlegen.
Das Ziel des Treffens wurde verfehlt
Am Ende lenkte Athen halbwegs ein, aber von neuen substanziellen Sanktionen war dann keine Rede mehr. Der Bundesaußenminister musste sich mit einer Minimallösung zufriedengeben. Das gilt auch für die baltischen Staaten und Polen, die für ein schärferes Vorgehen gegenüber Russland kämpfen. Erst "wenn es eine (weitere) Offensive gegen Mariupol oder andere Regionen gibt, dann wird man mit deutlichen und schärferen Maßnahmen reagieren", erklärte Steinmeier. Und er fügte noch hinzu, dass er hoffe, der neue griechische Außenminister werde "genug Spielraum aus Athen bekommen, um bei den anstehenden nächsten Debatten im Sinne Europas zu entscheiden". Denn das Thema ist nur aufgeschoben, und kommt - je nach der militärischen Entwicklung in der Ostukraine - Mitte Februar beim Gipfeltreffen der Regierungschefs wieder auf den Tisch. Der Kampf mit Griechenland in der Russlandfrage ist nicht vorbei.
Putin - der eigentliche Sieger der Griechenland-Wahl?
Viele Beobachter in Europa waren vor dem Treffen in Brüssel schon alarmiert wegen des zunehmenden russischen Einflusses auf die EU über die neue griechische Regierung. Dabei gehen die Meinungen darüber, mit wie harten Bandagen Athen hier weiterhin spielen wird, auseinander.
"Ich sehe diese Art der Politik mehr als eine Bedrohung für Griechenland, wenn ich die Verweigerung der Solidarität sehe und die Tatsache, dass das Land bis Ende Februar ein neues Unterstützungspaket verhandeln muss", sagt Elmar Brok, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im Europaparlament. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass Griechenland finanziell weiter von Europa abhängt, und auf einen groben Klotz bei den Verhandlungen ein ebensolcher Keil gesetzt werden könnte. Er glaube allerdings, so Brok, dass bei nüchterner Analyse der eigenen Interessen und der Begrenztheit des eigenen Drohpotentials Lösungen gefunden werden könnten.
Sorgen mache ihm allerdings die Beobachtung, dass Russlands Präsident Wladimir Putin mit verschiedenen Mitteln durch die Unterstützung extremistischer Parteien versuche, die europäische Gemeinsamkeit aufzubrechen. In dieses Bild passe auch die Nähe der Syriza-Partei zu Moskau, meint Brok. Es zeige sich, dass "wir in einer Auseinandersetzung" sind, die sich "nicht allein auf die Ukraine" beziehe. Moskau wolle offensichtlich neue ideologische Auseinandersetzungen nach Europa bringen, und die EU müsse darauf Antworten finden.