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EU hofft auf Waffenstillstand

Bernd Riegert, Brüssel13. Februar 2015

Nach der Vereinbarung von Minsk, die der Ukraine endlich Frieden bringen soll, herrschte auf dem EU-Gifpel gebremster Optimismus. Griechenland muss auf eine Lösung seiner Finanzprobleme warten. Aus Brüssel Bernd Riegert.

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Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko (li.) und EU-Ratspräsident Donald Tusk Brüssel geben sich auf dem EU-Gipfel in Brüssel die Hand (Foto: REUTERS/Eric Vidal)
Präsidenten Poroschenko (li.) und Tusk hoffnungsvoll: EU stützt UkraineBild: Reuters/E. Vidal

Etwas müde, aber zufrieden über ihren Verhandlungserfolg in Minsk zeigten sich beim EU-Gipfel in Brüssel der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande. "Ich habe in den letzten drei Tagen nur fünf Stunden geschlafen", sagte Petro Poroschenko, aber das sei es Wert gewesen. Angela Merkel versicherte, ihr gehe es nach einer Woche andauernden Reisens in Sachen Ukraine gut. "Außerdem ist die Arbeitswoche ja noch nicht zu Ende". Die übrigen Gipfelteilnehmer hatten drei Stunden in Brüssel auf die Teilnehmer der Verhandlungsrunde mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gewartet, um sich dann geschlossen hinter die Ergebnisse der zweiten Minsker Vereinbarung für einen Waffenstillstand in der Ost-Ukraine zu stellen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel nach EU-Gipfelberatungen (Foto: Bernd Riegert, DW)
Abgekämpft, aber zufrieden in Brüssel: Angela Merkel nach einer Woche DauerreisenBild: DW/B. Riegert

Die Vereinbarung durchzusetzen, werde nicht einfach werden, räumte der ukrainische Präsident ein, betonte aber: "Es ist lebenswichtig für uns alle, dass wir den Druck aufrecht erhalten, damit die Versprechen eingelöst werden: Waffenstillstand, Rückzug der schweren Waffen, unmittelbare Freilassung der Geiseln, Rückzug aller fremden Truppen und Kämpfer vom Gebiet der Ukraine und die Kontrolle der Grenze. Das sind Schlüsselelemente für die Souveränität meines Landes", so Poroschenko.

Mehr wirtschaftliche Hilfe für die Ukraine

Der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, lobte im Namen der EU das erreichte Abkommen. "Europa wird vereint bleiben, wenn es darum geht, stärker zu reagieren, und wenn wir mehr Hilfe leisten müssen, um die Ukraine wieder aufzubauen." Die praktisch vor dem Staatsbankrott stehende Ukraine wird massive Finanzhilfen von der EU und vom Internationalen Währungsfonds erhalten. Deren Chefin, Christine Lagarde, gab in Brüssel bekannt, dass man sich im Prinzip auf ein Hilfspaket von 40 Milliarden US-Dollar für die Ukraine geeinigt habe. 17 Milliarden stammen vom Währungsfonds. Der Rest sind bilaterale Kredite aus den USA, Japan, Polen, Deutschland und anderen Staaten. Dazu kommen Kredite und Zuschüsse aus EU-Töpfen. Die EU hilft der Ukraine auch ihre Gasimporte aus Russland zu bezahlen. Im Gegenzug sagte Präsident Poroschenko Wirtschaftsreformen und eine Modernisierung des Staatswesens zu. Die wichtigste Voraussetzung dafür sei aber, dass "wir erst einmal Frieden bekommen", so Poroschenko in Brüssel.

Zwei Panzer der ukrainischen Armee (Foto: REUTERS/Gleb Garanich)
Rückzug bis Sonntag? Waffenstillstand in der Ost-Ukraine soll umgesetzt werdenBild: Reuters/G. Garanich

Die Erweiterung der Sanktionen gegen russische Personen und Firmen, die die EU bereits beschlossen hatte, sollen unverändert am kommenden Montag in Kraft treten. Über Waffenlieferungen an die ukrainische Armee wurde beim EU-Gipfel nicht gesprochen. Man wolle jetzt erst einmal abwarten, ob das Minsker Waffenstillstandsabkommen Wirkung zeigen werde, sagte der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel. Bundeskanzlerin Merkel meinte, es gebe einen Hoffnungsschimmer auf Frieden in der Ukraine, wollte weitere Maßnahmen dennoch nicht ausschließen. "Wir sind sehr wohl gewahr, dass es sehr vieler Anstrengungen bedarf, deshalb halten wir uns auch alle Reaktionsmöglichkeiten offen", sagte die Bundeskanzlerin. "Wenn es gut geht, werden wir diesen Prozess erfreut begleiten. Wenn es Schwierigkeiten gibt, schließen wir auch weitere Sanktionen nicht aus."

"Grenze zu Russland wird nicht kontrolliert"

Wenig optimistisch zeigte sich die Präsidentin Litauens. Sie wolle Fakten vor Ort sehen, bevor sie dem Abkommen traue, sagte Dalia Grybauskaite, die für ihre kritische Haltung gegenüber Russland bekannt ist. Der wichtigste Punkt einer Lösung sei die Kontrolle der Grenzen. "Da gab es keine Übereinkunft. Das heißt, dass die Grenze weiter offen ist für Truppen und militärischen Nachschub. Damit ist diese Lösung sehr schwach", merkte Grybauskaite an. "Wir werden in den nächsten Tagen sehen, ob wenigstens dieses lückenhafte Abkommen umgesetzt wird." Der Bundeskanzler Österreichs, Werner Faymann, plädierte dagegen dafür, der Friedensvereinbarung eine Chance zu geben. Österreich sei kein Freund von Sanktionen, die immer nur eine politische Notlösung seien.

Der griechische Premierminister Alexis Tsipras (li.) trifft auf dem EU-Gipfel in Brüssel Frankreichs Präsident Francois Hollande (Foto: REUTERS/Yves Herman)
Freundlicher Empfang für den Neuen, aber keine Zugeständnisse: Alexis Tsipras auf seinem ersten GipfelBild: Reuters/Y. Herman

Griechenland spricht mit Troika, zaubert den Namen aber weg

Angesichts der Frage von Krieg und Frieden in der Ukraine geriet das zweite Thema des EU-Gipfels etwas in den Hintergrund: Die Finanzprobleme Griechenlands. Der neue griechische Premierminister Alexis Tsipras wurde vor den Kameras von den 27 übrigen Regierungs- und Staatschefs freundlich begrüßt. Tsipras selbst ging entschlossen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel zu, die er im Wahlkampf noch zur Hauptverantwortlichen für die Schulden- und Wirtschaftskrise in Griechenland erklärt hatte.

Nachdem die Finanzminister der Euro-Staaten am Donnerstag die undurchsichtigen Forderungen der neuen Regierung in Athen zurückgewiesen hatten, wurde das Thema beim Gipfel auch nur allgemein behandelt. Der griechische Ministerpräsident, der keine weiteren Hilfskredite, sondern eine Übergangsfinanzierung für sein Land herausschlagen will, warb mit den bekannten Formeln: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir alle zusammen eine tragfähige gemeinsame Lösung finden können, um die Wunden der Sparpolitik zu heilen, die humanitäre Katastrophe in ganz Europa zu bekämpfen und Europa auf den Pfad von Wachstum und sozialem Zusammenhalt zurückzuführen." Für Freitag vereinbarte der griechische Premier Gespräche mit Vertretern der Troika, also EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank. "Für mich gibt es aber den Namen Troika nicht mehr", betonte Tsipras in seiner Pressekonferenz an das heimische Publikum gerichtet.

Bundeskanzlerin Merkel zeigte sich kompromissbereit, will die Einzelheiten aber den Finanzministern überlassen, die sich am kommenden Montag erneut in Brüssel treffen werden. Der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb sagte dagegen im DW-Interview, seine Geduld sei am Ende. Griechenland müsse Verträge einhalten und Verpflichtungen erfüllen. Alles andere sei unfair. Die litauische Präsidentin Grybauskaite, deren Land erst am 01. Januar 2015 den Euro als Währung eingeführt hat, fasste die Stimmung knapp so zusammen: "Griechenland ist wirklich nicht unser größtes Problem."

EU will Passagierdaten für Terrorabwehr erfassen

Fünf Wochen nach den islamistischen Terroranschlägen in Paris sprachen sich die Staats- und Regierungschefs für eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Europa aus. Die Grenzen der EU sollen besser kontrolliert werden, um reisende Terrorverdächtige schneller erkennen zu können. Unklar ist noch, ob es an den Außengrenzen des "Schengenraumes", in dem es keine Personenkontrollen mehr gibt, zu umfassenden Kontrollen aller Reisenden kommen soll. Bisher können die Daten von Reisenden nur stichprobenartig mit den Listen von Terrorverdächtigen abgeglichen werden.

Langsame Fortschritte gibt es bei dem von den EU-Mitgliedsstaaten geforderten Gesetz zur Erfassung und Überprüfung der Daten von Flugreisenden. Bislang hatte sich das Europäische Parlament gegen das europäische Fluggast-Daten-System (PNR) gesperrt. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz teilte den Regierungschefs mit, dass die Abgeordneten jetzt gesprächsbereit seien, um bis zum Jahresende eine gesetzliche Regelung zu schaffen.