Mit Erdnussbutter gegen US-Stahlzölle
7. März 2018Das Wort "Handelskrieg" nahm die EU-Kommissarin für Handel, Cecilia Malmström, nur ein einziges Mal in den Mund. Sie bemühte sich auch, nicht von Vergeltung, sondern von Ausgleichsmaßnahmen für mögliche amerikanische Strafzölle zu sprechen, die die Europäische Union jetzt vorbereitet. Es gehe ihr nicht um Eskalation des Konflikts.
"Die USA sind trotz allem immer noch ein Freund." Die EU-Kommissarin bemühte außerdem oft den Konjunktiv, denn noch sei die Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump, Stahl und Aluminium aus aller Welt mit hohen Zöllen zu belegen, ja noch nicht rechtskräftig gefallen. "Ich kann nicht beurteilen, ob das tatsächlich passieren wird. Ich hoffe sehr, dass es nicht passiert", sagte Malmström.
"Ein Handelskrieg kennt nur Verlierer", fuhr sie fort und erinnerte an das Jahr 2002. Damals verhängte US-Präsident George W. Bush Anti-Dumping-Zölle auf Stahl. Die Folge war ein Niedergang der US-amerikanischen Stahlproduktion und der Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen auch in den USA. "Ich hoffe, dass sich das jemand im Weißen Haus noch einmal in Erinnerung ruft", so die schwedische Handelskommissarin.
Den Rücktritt des Wirtschaftsberaters von US-Präsident Trump wollte Cecilia Malmström nicht kommentieren. "Da halte ich mich raus." Aus Protest gegen die angekündigten Strafzölle hatte in der Nacht Gary Cohn, ehemals Chef des Bankhauses Goldman Sachs, seinen Posten in Trumps Team aufgegeben.
In Berlin nahm die geschäftsführende Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries dagegen kein Blatt vor den Mund. "Die Lage ist ernst", sagte Zypries. Man sei sehr besorgt, weil mit Cohn die letzte mahnende Stimme verschwunden sei und offenbar jetzt die Falken im aufkeimenden Handelsstreit das Sagen hätten.
EU droht mit Vergeltung
Sollte Donald Trump tatsächlich ernst machen und Stahl- und Aluminium-Importe in die USA drastisch verteuern, will die EU in drei Schritten vorgehen, kündigte Handelskommissarin Cecila Malmström in Brüssel an.
1. Der Fall wird vor die Welthandelsorganisation (WTO) zur Vermittlung gebracht, und zwar zusammen mit anderen großen Stahlproduzenten wie Kanada, Brasilien, Japan oder China.
2. Die EU wird ihrerseits Stahl- und Aluminium aus den USA mit hohen Zöllen belegen.
3. Um den wirtschaftlichen Schaden, der entstehen könnte, auszugleichen, bereitet die EU extra Zölle für eine ganze Reihe von Produkten aus den USA vor. Auf der Liste stehen Motorräder, Whiskey, Jeans, Erdnussbutter, Cranberries, Orangensaft und andere amerikanische Ikonen.
"Wir wollen das eigentlich nicht", sagte Malmström, "aber wir können nicht schweigen." Die EU-Kommission sei verpflichtet, europäische Arbeitsplätze und Wirtschaftszweige zu schützen. Konkrete Entscheidungen würden aber erst fallen, wenn man wisse, was Trump genau wolle.
Lange: "Wir brauchen ein klares Signal der EU"
Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD), unterstützt die Kommission. "Wir brauchen ein klares europäisches Signal", sagte Lange im Gespräch mit der DW. "Hier geht es nicht um Anti-Dumping-Maßnahmen, sondern darum, den Zugang zum amerikanischen Markt zu verschließen. Das geht klar gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO)."
Auch ihm gehe es nicht um einen Handelskrieg, sagte der EU-Parlamentarier, sondern um das Befolgen der internationalen Regeln. "Die USA müssen auch unter Trump lernen, sich an die Regeln zu halten." Notfalls müsse man über eine Welthandelsorganisation ohne die USA nachdenken, falls der US-Präsident auch diese Organisation missachte.
Den Grund, den der US-Präsident für der Verhängung seiner Zölle angeführt hatte, die Gefährdung der nationalen Sicherheit nach einem Gesetz aus dem Jahr 1962, empfindet die EU geradezu als lächerlich.
"Wie kann der Import von relativ kleinen Mengen Stahl und Aluminium aus Europa (ca. sechs Milliarden Euro jährlich) die nationale Sicherheit gefährden, zumal die europäischen Staaten militärische Verbündete der USA in der NATO sind?", fragte Cecilia Malmström spitz.
Trump wolle nur protektionistische Maßnahmen bemänteln. Dagegen werde man in der Welthandelsorganisation (WTO) vorgehen, so Malström.
Die Europäische Union und die USA waren sich eigentlich im Rahmen der G20-Staatengruppe einig, dass es zu viel Stahlproduktion weltweit gibt und dass Überkapazitäten abgebaut werden sollen. Dazu hatte die G20 eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die eine einvernehmliche Lösung erarbeiten sollte. Dies könnte nun hinfällig werden.
Warnende Stimmen und ein wenig Verständnis
Die EU-Handelskommissarin wies die Vorwürfe des US-Präsidenten zurück, die EU behandele die USA unfair und Geschäfte seien kam möglich. Die Zölle im transatlantischen Handel seien sehr niedrig, so Malström. Zwar gebe es bei Kraftfahrzeugen tatsächlich für Importe aus den USA in Europa leicht höhere Zölle als umgekehrt, aber diese würden durch sehr hohe Zölle für Lkw-Exporte in die USA wieder ausgeglichen. Ein Angriff auf die Autoindustrie, warnte Cecilia Malmström, würde Tausende Jobs in den Autowerken europäischer Hersteller in den USA selbst gefährden.
Der europäische Wirtschaftsverband Business Europe warnte in Brüssel vor möglichen Schäden des sich anbahnenden Handelskrieges für die europäische Wirtschaft. Die Entscheidung Trumps "beschwört die Gefahr eines tiefen Einschnitts in den Welthandel mit weitreichenden Konsequenzen auch für die Verbraucher herauf", sagte der Generaldirektor von Business Europe, Markus J. Beyrer.
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, warnte vor einem Handelskrieg. Eine Auseinandersetzung mit wechselseitig angehobenen Einfuhrzöllen könne keiner gewinnen, sagte Lagarde während eines Besuchs in Paris.
Allerdings zeigte die IWF-Chefin auch auch Verständnis dafür, dass der amerikanische Präsident mit der Situation der amerikanischen Stahlbranche und der Organisation des weltweiten Handels unzufrieden ist. "Es gibt für ihn gute Gründe, sich gegen die jetzige Situation zu schützen", sagte Lagarde.
"Es gibt immer wieder Länder, die sich nicht an WTO-Regeln halten. Dabei geht es auch um Technologie-Transfer und man denkt zuerst an China. Aber es ist nicht nur China, auch andere Länder machen solche Sachen", so Lagarde weiter.
Präsident Trump hatte schon mehrfach damit gedroht, die WTO ganz zu verlassen, um sich Vorteile im internationalen Wettbewerb zu sichern.