EU mischt sich in Atommüll-Endlagerung ein
27. Oktober 2010Bereits zu Beginn seiner Amtszeit erklärte Energiekommissar Günther Oettinger die Endlagerung von Atommüll zur Angelegenheit der EU-Kommission. EU-Gesetze für die Sicherheit von Atomreaktoren und den Transport von Atommüll gibt es bereits. Doch die Endlagerung liegt noch in der Kompetenz der EU-Staaten. Das soll sich nun bald ändern. Brüssel fordert in dieser Sache die Einführung von gemeinschaftlichen Regelungen. Eine entsprechende EU-Richtlinie mit "höchsten Sicherheitsstandards" ist bereits erarbeitet worden und soll am 3. November präsentiert werden, sagte die Sprecherin der EU-Generaldirektion für Energie am Mittwoch (27.10.2010) in Brüssel.
Einmischung in die nationale Energiepolitik
Oettingers geplantes Gesetz gewährt den Mitgliedsstaaten vier Jahre Zeit, um zu konkretisieren, wie sie mit ihrem Atommüll umgehen wollen. Demnach sind sie verpflichtet, nationale Entsorgungs- und Zeitpläne für die Errichtung von Endlagern den Behörden in Brüssel vorzulegen. Außerdem sollten Atommüllexporte außerhalb der EU verboten werden, da die Sicherheitsstandards nicht kontrolliert werden könnten, schreibt die Zeitung "tageszeitung", Die Mitgliedsstaaten sollten ihren Atommüll im eigenen Land entsorgen und dafür Entsorgungslager errichten, sagte Oettinger dem "Badischen Tagblatt".
Der Vorschlag der Kommission wird keine neuen Standards schaffen, sondern bestehende internationale Normen beispielsweise von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in verbindliches europäisches Recht umsetzen. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Damit erhält die EU-Kommission das Recht, einzuschreiten, wenn ein Mitgliedsland die EU-Richtlinie verletzt. Sollte der Staat den Forderungen der Kommission nicht nachgeben, kann die EU-Behörde ein Strafverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof einleiten.
"Unklare EU-Richtlinie"
Grüne Europaabgeordnete äußerten sich kritisch über den Kommissionsentwurf. "Die Richtlinie empfiehlt viel, aber sie ist sehr unklar und überlässt letztlich weitgehend den Mitgliedsstaaten die Umsetzung", sagte die Ko-Vorsitzende der europäischen Grünen-Fraktion, Rebecca Harms. Oettinger liefere "nicht einmal eine eindeutige Definition von Atommüll". Die Vorgaben seien nicht so konkret, dass sie beispielsweise die Tiefe oder die Gesteinsart eines möglichen Endlagerortes vorschreiben.
"Werbegag" Oettingers
Greenpeace nennt den EU-Entwurf in einer schriftlichen Stellungnahme "einen nutzlosen Werbegag", mit dem man den Menschen weismachen wolle, dass das Atommüllproblem einfach zu lösen sei. "Was wir brauchen, sind ernsthafte Überlegungen, wie wir mit dem Atommüll umgehen, ohne dass dadurch die nachfolgenden Generationen durch den hochgiftigen Atommüll gefährdet werden. Das leistet dieser EU-Entwurf in keiner Weise", kritisiert die Umweltorganisation.
Einen ähnlichen Gesetzesentwurf gab es bereits vor acht Jahren. Die damalige Energiekommissarin scheiterte allerdings am Widerstand der Mitgliedsstaaten.
Autorin: Rayna Breuer (mit dpa, afp)
Redaktion: Martin Schrader