Menschenrechte: Ja zu EU-Sanktionsrahmen
7. Dezember 2020Die EU kann schwere Menschenrechtsverletzungen künftig weltweit leichter mit Sanktionen ahnden. Die EU-Außenminister billigten einen neuen Sanktionsrahmen, der etwa in Fällen von Folter, Sklaverei oder systematischer sexueller Gewalt greifen könnte. Verantwortliche würden demnach mit Einreiseverboten in die EU und dem Einfrieren ihrer Vermögen in Europa bestraft.
"Nicht mehr sorgenlos in Europa shoppen gehen"
Bundesaußenminister Heiko Maas begrüßte zum Auftakt eines Treffens mit seinen EU-Kollegen in Brüssel den Schritt. Wer foltere oder für Menschenhandel verantwortlich sei, "soll künftig nicht mehr sorgenlos in Europa shoppen gehen können", sagte er in Brüssel.
Die EU kann Menschenrechtsverletzungen bereits jetzt ahnden. Dies erfolgt aber im Rahmen von Sanktionen, die wegen Krisen oder Konflikten verhängt werden, etwa in der Ukraine-Krise. Der neue Rechtsrahmen soll die Beschlussfassung vereinfachen. Die EU hatte aus ähnlichen Gründen bereits im Jahr 2018 einen eigenen Strafrahmen gegen die Entwicklung, Verbreitung und den Einsatz von Chemiewaffen geschaffen. Im vergangenen Jahr kam ein eigenes Sanktionsregime zu Cyberangriffen hinzu.
Warnung an Türkei wegen "Regierungsjustiz"
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sieht in dem neuen Sanktionsrahmen auch eine "Warnung" an die Türkei. Asselborn verwies als ein Beispiel "unter vielen" auf das Vorgehen der türkischen "Regierungsjustiz" gegen Menschenrechtsanwälte. Diese würden als Terroristen bezeichnet, verhaftet und zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. "Das muss aufhören." Er hoffe, dass das neue Sanktionsregime dazu beitragen könne.
Von Diplomaten hieß es, erste Verantwortliche könnten "im ersten Quartal 2021" auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden. Diskutiert wird in Brüssel auch über die Möglichkeit, den neuen Mechanismus im Fall des chinesischen Vorgehens gegen die Demokratiebewegung in Hongkong einzusetzen. Ob es dazu kommt, ist offen. Jedem Sanktionsbeschluss müssen alle 27 EU-Staaten zustimmen. Die Neuerungen gelten zunächst für drei Jahre. Danach müssen sie verlängert werden.
sti/as (afp, dpa)