Arme Kinder in Europa
9. September 2009Der Kampf gegen Kinderarmut ist in der EU zunächst eine Aufgabe für die Einzelstaaten. Doch spätestens seit dem Europäischen Rat in Lissabon im Jahr 2000 haben alle EU-Regierungen versprochen, die Kinder in den Mittelpunkt des politischen Handelns zu rücken. Die Kommission hat außerdem Kriterien darüber aufgestellt, was Kinderarmut ist, wie sie entsteht, sich äußert und sie hat Lösungsansätze formuliert.
Kinderarmut – ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
Der jüngste Bericht der Kommission über Kinderarmut stammt vom Februar 2008, also von vor Beginn der Wirtschaftskrise. Inzwischen dürften sich die Zahlen eher verschlechtert haben. Vor anderthalb Jahren waren 19 Millionen Kinder in der EU arm, im Durchschnitt jedes fünfte Kind. Als arm gilt nach den EU-Kriterien, wer höchstens 60 Prozent des Durchschnittseinkommens des jeweiligen Mitgliedsstaates zur Verfügung hat. Für eine deutsche Familie mit zwei Kindern bedeutete das knapp 1600 Euro monatlich.
Wichtig ist der EU aber, dass es hier nicht nur ums Geld als Mittel zum Konsum geht. Sondern Armut nimmt Kindern Bildungs- und damit Lebenschancen, beeinträchtigt ihre Gesundheit und schließt sie von einem Teil des kulturell-gesellschaftlichen Lebens aus. Und auch das ist der EU wichtig: Kinderarmut ist ein negativer Wirtschaftsfaktor für ein Land. Es geht daher nicht nur um Mitleid und Gerechtigkeit, sondern auch die Wirtschaftspolitik sollte ein Interesse daran haben, Kinder zu fördern.
Arme Eltern, arme Kinder
Besonderes Augenmerk richtet die Kommission auf das Thema Arbeitslosigkeit. Sie gilt bei den Eltern als wichtigster Grund für Kinderarmut und ist auch deshalb fatal, weil sich Negativfaktoren in Arbeitslosenfamilien oft von Generation zu Generation vererben.
Besonders gefährdet sind laut dem Bericht unter anderem Familien mit Migrationshintergrund. Sie leiden nicht nur überdurchschnittlich oft an schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen; ihre Kinder werden auch häufig kulturell ausgeschlossen.
Raus aus der Kinderarmut
Die EU empfiehlt den Einzelstaaten ein Bündel von sozial-, wirtschafts- und kulturpolitischen Maßnahmen. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik gehört dazu, Kinderbetreuungsangebote, Transferleistungen an Familien sowie eine integrative Bildungs- und Gesundheitspolitik.
Besonders gut haben in dem Kommissionsbericht die skandinavischen Länder, die Niederlande, Österreich, Zypern und Slowenien abgeschnitten. Das heißt, es sind nicht ausschließlich besonders wohlhabende EU-Länder. Sie werden für ihre umfassende Politik gelobt, weil sie neben relativ hohen und wirkungsvollen Sozialleistungen auch eine aktive Beschäftigungspolitik betreiben und gute Betreuungsangebote haben. Schlecht abgeschnitten haben unter anderem Italien, Großbritannien und Spanien; Deutschland liegt im Mittelfeld.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Nicole Scherschun