Lob für Sofia, Tadel für Bukarest
22. Oktober 2019Der Bericht der Europäischen Kommission über die Fortschritte Bulgariens und Rumäniens im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens (MCV) hätte unterschiedlicher kaum ausfallen können. Während Rumänien ein Negativtrend bei der Rechtsstaatlichkeit bescheinigt wird, hofft Bulgarien darauf, dass der Kontrollmechanismus aufgehoben werden könnte.
Laut MCV-Bericht hat die Bekämpfung der Korruption in Rumänien deutlich nachgelassen. Außerdem seien die meisten Empfehlungen aus dem MCV-Bericht von 2018 von den Bukarester Behörden nicht eingehalten worden.
Das Kontrollverfahren war für beide Staaten im Vorfeld ihres EU-Beitritts im Jahr 2007 eingerichtet worden. Damit sollte der Reformprozess in den weiterhin defizitären Bereichen Korruptionsbekämpfung und Unabhängigkeit der Justiz sowie bei der Bekämpfung organisierter Kriminalität im Fall Bulgarien regelmäßig bewertet werden.
Rückschritte in Rumänien
Lange Zeit sah es danach aus, dass Rumänien auf dem besseren Weg war, die europäischen Standards umzusetzen. Dazu hatte vor allem die unter Laura Kövesi agierende Antikorruptions-Behörde DNA beigetragen. Kövesi wurde 2018 auf Betreiben der von den Sozialdemokraten (PSD) geführten Regierung abgesetzt, der Rückbau des Rechtsstaats unvermindert fortgesetzt.
Es ist deshalb keine Überraschung, dass der jetzige Bericht für Rumänien viel kritischer ausfällt als für Bulgarien. Der seit drei Jahren bestehende Negativtrend und der weiterhin massiv nachlassende Reformeifer hätten in vielen Bereichen die bisherigen Fortschritte rückgängig gemacht. Die Entwicklungen gäben Anlass zu großer Sorge, heißt es in dem Bericht.
Die Kommission hatte die rumänischen Behörden bereits im Mai 2019 darüber informiert, dass weitere Maßnahmen im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit ergriffen würden, die über die Leitlinien des MCV hinausgingen, falls keine Verbesserung eintreten würde.
Eine klarere Absage der EU-Kommission an die Politik der seit 2016 von den Sozialdemokraten (PSD) geführten Regierung in Bukarest kann es nicht geben. Premierministerin Viorica Dancila, deren Kabinett nach einem Misstrauensantrag seit gut zwei Wochen nur noch interimistisch im Amt ist, hat noch vor der Veröffentlichung des Berichts jede Verantwortung von sich gewiesen. Das Verfahren sei eine Diskriminierung für ihr Land und sollte entweder abgeschafft werden, oder für alle EU-Mitgliedstaaten gelten.
Kontrollverfahren für alle EU-Staaten?
Die rumänische Öffentlichkeit und eine Mehrheit der Politiker haben mit der harschen Kritik aus Brüssel gerechnet. Und auch damit, dass Sofia viel besser dasteht als Bukarest. Bulgarien wird in dem MCV-Bericht bescheinigt, die Empfehlungen erfüllt zu haben, die zu einer Aufhebung des Kontrollmechanismus führen könnten.
Es ist der letzte Fortschrittsbericht der Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker. Dieser hatte zugesagt, dass der Kontrollmechanismus für Sofia und Bukarest bis Ende seines Mandats entfallen werde. Heute wurde klar, dass eine solche Zusage nur zum Teil zutreffen könnte.
Innerhalb der EU-Kommission gab es wiederholt Bedenken, den Kontrollmechanismus ersatzlos aufzuheben. Mehr noch, es gab Überlegungen, einen solchen Mechanismus auf Polen und Ungarn wegen wiederholter Angriffe auf Justiz bzw. Rechtsstaatlichkeit auszuweiten.
Um die neue EU-Kommission nicht mit zusätzlichen Krisen zu belasten, soll jetzt darauf verzichtet werden. Allerdings wird überprüft, ob bei einer generellen Einstellung des Kooperations- und Kontrollverfahrens für Bulgarien und Rumänien andere Kontrollmechanismen eingeführt werden können, die für alle EU-Länder gelten.