Siemens-Alstom-Fusion untersagt
6. Februar 2019Das Großprojekt des "Airbus für die Schiene" ist vom Tisch: Die EU-Kommission hat die hochtrabenden Pläne des deutschen Siemens- und des französischen Alstom-Konzerns durchkreuzt. Der Zusammenschluss würde den Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt etwa bei Hochgeschwindigkeitszügen einschränken, teilte die Brüsseler Behörde mit. Bereits im Vorfeld hatte die EU-Kommission Bedenken geäußert, dass das Vorhaben damit letztlich auch den Verbrauchern schaden könnte. Die Unternehmen seien nicht bereit gewesen, "die erheblichen wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auszuräumen", begründete Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die Entscheidung.
Der deutsche Siemens-Konzern und die französische Alstom-Gruppe hatten vor über einem Jahr vereinbart, ihre Sparten für Eisenbahntechnik zusammenzulegen und einen europäischen Eisenbahn-Großkonzern zu schaffen. Siemens sollte bei dem Geschäft eine knappe Mehrheit an dem Branchenschwergewicht bekommen, das es vor allem mit der Konkurrenz aus China aufnehmen sollte. Der chinesische Zughersteller CRRC ist weltweit die Nummer Eins, spielt in Europa jedoch noch keine Rolle.
Siemens-Chef Joe Kaeser bedauerte die Ablehnung der geplanten Fusion seiner Zugsparte mit dem französischen Zugbauer Alstom. "Wir nehmen die Entscheidung der Kommission zur Kenntnis, die einen Schlusspunkt hinter ein europäisches Leuchtturmprojekt setzt", teilte er am Mittwoch mit.
Frankreich spricht von einem Fehler
Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire kritisierte das Veto der EU-Kommission scharf und nannte die Entscheidung im Fernsehsender France 2 einen "Fehler". Sie schwäche Europa und diene "den wirtschaftlichen und industriellen Interessen Chinas", betonte Le Maire. Ohne die Fusion hätten Alstom und Siemens auf dem Weltmarkt nicht das gleiche Gewicht wie die chinesische Konkurrenz.
Wie zuvor CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach sich Le Maire für eine Reform des europäischen Wettbewerbsrechts aus. Er sprach von "überholten Regeln, die neu geschrieben werden müssen". Dazu werde er mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in Kürze Vorschläge machen, kündigte Le Maire an.
"Keine Vorzüge aus politischen Gründen"
Sowohl die Bundesregierung als auch die französische Regierung hatten sich sehr für den Zusammenschluss stark gemacht. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier etwa forderte europäische "Champions", um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. In seiner am Dienstag vorgestellten Industriestrategie betont er, es sei Anlass zur Sorge, dass in Deutschland kaum noch neue Großkonzerne entstünden.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte entgegengehalten, mal wolle durchaus europäische Firmen, die auf dem Weltmarkt bestehen könnten, dennoch werde die Kommission niemals aus politischen Gründen Vorzüge gewähren. Es gebe keinen Mangel an Talenten in Europa. "Unser Job ist, sicherzustellen, dass diese ihr Potenzial entfalten könnten", so Juncker. Die Wettbewerbshüter hätten mehr als 6000 Zusammenschlüsse gebilligt, weniger als 30 blockiert, sagte er weiter.
cw/sti (dpa, afp, rtr)