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Politik

Richter-Pensionierung: EU geht gegen Polen vor

2. Juli 2018

Kritiker sehen in dem Warschauer Gesetz vor allem ein Instrument für die Regierung, um politisch unliebsame Juristen am Obersten Gericht in die Wüste zu schicken. Auch die Zukunft von Präsidentin Gersdorf ist ungewiss.

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Die streitbare Präsidentin des Obersten Gerichts in Polen, Malgorzata Gersdorf (Foto: Imago/Newspix)
Die streitbare Präsidentin des Obersten Gerichts in Polen, Malgorzata GersdorfBild: Imago/Newspix

Wegen der geplanten vorzeitigen Pensionierung von Richtern am Obersten Gericht in Polen hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Dies teilte ein Sprecher in Brüssel mit. Angesichts der bevorstehenden Durchsetzung der Maßnahme sehe die Kommission Dringlichkeit. Polen habe einen Monat Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben.

Mit 65 statt mit 70 in den Ruhestand

Ein bereits im April in Kraft getretenes Gesetz in Polen sieht vor, dass oberste Richter nach dem 3. Juli bereits mit 65 statt bisher 70 Jahren in den Ruhestand gehen müssen. Die Regelung trifft rund ein Drittel der Richterschaft. Wer im Amt bleiben will, muss dies bei Staatspräsident Andrzej Duda beantragen. Kritiker befürchten, dass nicht genehme Richter auf diese Weise vorzeitig entfernt werden könnten.

Erst am vergangenen Donnerstag hatten die Richter des Obersten Gerichts und ihre erste Vorsitzende, Malgorzata Gersdorf, ihre Absicht bekräftigt, im Amt bleiben zu wollen. Dies entschied die Vollversammlung der Juristen, teilte ein Gerichtssprecher mit. Laut dem umstrittenen Gesetz sind 27 von derzeit 72 Juristen von dem neuen Gesetz betroffen. Auch die Zukunft von Präsidentin Gersdorf selbst ist ungewiss.

EU weiter für Dialog mit Warschau  

Der Sprecher der EU-Kommission erklärte, das Gesetz der nationalkonservativen Regierung sei bereits im laufenden Rechtsstaatsdialog mit Polen angesprochen worden, doch habe es keine befriedigende Lösung gegeben. Trotz des neuen Verfahrens bleibe die Brüsseler Behörde für den Dialog mit Warschau offen. Dies sei für die Kommission der "bevorzugte Kanal, die systemische Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit in Polen zu lösen". Die EU-Kommission erhebt bereits seit mehr als zwei Jahren Bedenken gegen den Umbau der Justiz durch die Regierung in Polen. Im Dezember hatte sie erstmals überhaupt ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel sieben der EU-Verträge wegen möglicher Gefährdung von EU-Grundwerten gegen Polen gestartet.

sti/kle (dpa, afp)