1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU-Kommission klagt wegen VW-Gesetz

13. Oktober 2004

Gegen das umstrittene deutsche VW-Gesetz wird die Europäische Kommission nun juristisch vorgehen. Es verstoße gegen den freien Kapitalverkehr und schrecke Investoren ab. Die Erfolgsaussichten sind unklar.

https://p.dw.com/p/5hnI
Nicht zeitgemäßBild: AP

Nach mehrfacher Verschiebung hat die EU-Kommission am Mittwoch (13.10.2004) die Klage gegen das so genannte VW-Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf den Weg gebracht. Damit sei die dritte und letzte Stufe des im März 2003 gestarteten Vertragsverletzungsverfahrens erreicht, teilte die EU-Behörde in Brüssel mit. Die EU-Kommission reagiert auf die ihrer Ansicht nach unzureichenden Reaktionen Deutschlands auf die bereits im Frühjahr 2003 vorgebrachte Beschwerde gegen die deutschen Sondervorschriften.

Harter Kurse setzt sich durch

Die Kommission folgt damit einem Vorschlag von EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein, der sich gegen einige Kommissare durchgesetzt hat. So hatten die deutschen Kommissare Günter Verheugen (Erweiterung) und Michaele Schreyer (Haushalt) sowie die französischen Kommissare Jacques Barrot (Regionalpolitik) und Pascal Lamy (Handel) Vorbehalte gegen den harten Kurs von Bolkestein.

Nach Ansicht Brüssels verstößt das VW-Gesetz gegen das EU-Gebot des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit. Das Gesetz war 1960 nach der Privatisierung von Volkswagen vom Bundestag erlassen worden. Der Staat wollte so garantieren, auch weiter Einfluss auf das Wolfsburger Unternehmen zu behalten. So kann kein Aktionär mehr als 20 Prozent der Stimmrechte ausüben, auch wenn er mehr Anteile besitzt.

Das VW-Gesetz schreibt außerdem vor, dass der Bund und das Land Niedersachsen unabhängig von der Anzahl der von ihnen gehaltenen Aktien im Aufsichtsrat vertreten sein müssten. Der Hauptaktionär Niedersachsen verfügt über etwa 20 Prozent der Stimmrechte und zwei Sitze im Aufsichtsrat. Diese Bestimmungen sind laut EU-Kommission nach europäischer Rechtssprechung nicht zulässig.

Klage gegen Deutschland, nicht gegen VW

Die seit Jahresbeginn schwächelnde VW-Aktie legte am Mittwoch zu. Händler sagten, falls das VW-Gesetz gekippt werde, könne dies den Weg für Investoren bei den Wolfsburgern frei machen und für Übernahmespekulationen an der Börse sorgen. Allerdings können bis zu einem Urteil können rund zwei Jahre vergehen.

Volkswagen lehnte einen Kommentar ab. Vorstandschef Bernd Pischetsrieder hatte zuvor mehrfach betont, VW müsse aus eigener Kraft so stark sein, dass eine Übernahme auch ohne VW-Gesetz nicht möglich sei. Niedersachsen kritisierte die Entscheidung. Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) ließ mitteilten, er halte eine Klage gegen das VW-Gesetz für "unnötig wie ein Kropf". Die niedersächsische Landesregierung rechnet nicht damit, dass die EU-Kommission mit ihrer Klage gegen das VW-Gesetz vor Gericht Erfolg haben wird. "Wir denken, dass der Europäische Gerichtshof in unserem Sinne entscheiden wird", sagte ein Sprecher der Landesregierung.

Der Konflikt ist politisch heikel, da sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) persönlich für den Erhalt des Gesetzes in Brüssel eingesetzt hatte. Die FDP-Bundestagsfraktion bezeichnete die Entscheidung der EU-Kommission als "Ohrfeige für die industriepolitischen Gedankenspiele der Bundesregierung". Das Gesetz passe in seiner jetzigen Form nicht mehr zu einem gemeinsamen europäischen Kapitalmarkt, erklärte Vize-Fraktionschef Rainer Brüderle in Berlin. (stl)