Nordafrika: EU will bessere Zusammenarbeit
1. März 2017EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hat die nordafrikanischen Staaten aufgefordert, in der Flüchtlingskrise mit Europa besser zu kooperieren. "Sie wollen mehr Hilfe von Europa, also müssen sie uns auch helfen", sagte Avramopoulos den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Man sollte nicht vergessen, dass niemand in diesen Staaten so viel in Entwicklungshilfe investiert wie die EU." Die nordafrikanischen Staaten müssten verstehen, was auch finanziell auf dem Spiel stehe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am Donnerstag und Freitag nach Ägypten und Tunesien. Die Kanzlerin strebt Partnerschaften mit nordafrikanischen Staaten an, um die Zahl der über das Mittelmeer kommenden Flüchtlinge zu verringern. Kritiker sehen darin den Versuch, ihr Schicksal den Ländern in Nordafrika zu überlassen.
"Mangelnde Kooperation"
Avramopoulos sagte weiter: Manche Staaten kooperierten, manche verweigerten sich. Deswegen müsse die EU mit besonderen Mitteln arbeiten und maßgeschneiderte Partnerschaften anbieten. Wo es noch an der Bereitschaft zur Rücknahme mangele, müsse man mit gezielten Anreizen und dem kollektiven Einfluss der EU-Mitgliedstaaten arbeiten, erklärte er. Avramopoulos betonte, dass vor allem in Libyen die Lage nicht stabil sei: "Nur ein schmaler Streifen an der Küste steht unter staatlicher Kontrolle, im Rest des Landes herrscht Chaos."
Der EU-Kommissar kündigte zudem Vorschläge der EU-Kommission für schnellere Abschiebungen an: "Bisher scheitern Rückführungen oft an zu langsamen und komplizierten Verfahren oder weil die Rückzuführenden kurzfristig nicht mehr auffindbar sind", sagte Avramopoulos. Die Kommission werde deshalb am Donnerstag neue Empfehlungen aussprechen, "damit die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten der EU-Gesetzgebung hier noch besser nutzen".
Angesichts der Terrorgefahr forderte Avramopoulos Polizei und Geheimdienste der EU-Staaten zu einer engeren Zusammenarbeit auf. Europa sei in Sicherheitsfragen noch sehr zersplittert, kritisierte der EU-Kommissar, der neben der Migration auch für Inneres zuständig ist. Polizisten und Geheimdienste müssten besser mit anderen Behörden zusammenarbeiten. "Das gilt innerhalb der EU, das gilt aber sogar innerhalb eines EU-Staates", sagte Avramopoulos.
Fortschritte bei der Registrierung
Mit Blick auf einzelne Extremisten wie den Berlin-Attentäter Anis Amri, die über die Flüchtlingsrouten nach Europa eingereist waren, verwies der EU-Kommissar auf Fortschritte bei der Registrierung von Migranten und Schutzsuchenden an der europäischen Außengrenze. "Das System funktioniert", sagte Avramopoulos. "Wir können auffällige Personen schnell identifizieren. Und wir erkennen, ob eine Person schon einmal eingereist ist nach Europa und wo sie sich hier bewegt hat."
Kritik von Schulz
Allerdings stoßen die Pläne der Kanzlerin bei SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz auf Kritik. Er spricht sich gegen Auffanglager für Flüchtlinge in Nordafrika aus. "Die Flüchtlingsaufnahme auf die nordafrikanischen Staaten abzuschieben, halte ich nicht für umsetzbar", sagte Schulz der "Passauer Neuen Presse". Die nordafrikanischen Staaten stünden unter extremem Druck, die Einhaltung von rechtsstaatlichen Standards sei in diesen Ländern nicht gesichert.
Der Ansatz, Menschen nicht in die Hände von Schleppern gelangen zu lassen, sei zwar vernünftig, sagte Schulz. "Die praktische Umsetzung scheint mir jedoch sehr schwierig." Sollten Flüchtlingslager eingerichtet werden, müssten sie von der EU betrieben werden.
Die Diskussion angefacht hatte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann Anfang Februar. Er forderte, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge in Nordafrika unterzubringen. Sein Vorstoß war auch in den Reihen der Sozialdemokraten auf Kritik gestoßen. Außenminister Sigmar Gabriel hat sich gegen solche Lager ausgesprochen.
cgn/stu (afp, epd, kna)