EU-Arabisches Treffen fördert Investitionen
11. November 2017"Brücke" lautet das Zauberwort des Treffens in Athen, das sich selbstbewusst "EU-Arab World Summit" nannte, und gemeint sind die Kontakte Südeuropas zur arabischen Welt. Ob Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras, sein maltesischer Kollege Joseph Muscat oder der zypriotische Präsident Nikos Anastasiades - kein Spitzenpolitiker wollte es sich nehmen lassen, Eigenwerbung zu betreiben und das eigene Land als Brücke für arabische Investoren herauszustellen. Zwar erklärte der Vizechef des griechischen Arbeitgeberverbandes, Konstantinos Bitsios, ein finanzkräftiger Investor habe keine Vermittlung nötig, um sein Geld loszuwerden. Doch letzten Endes dürfte auch der erfahrene Ex-Diplomat Bitsios wissen, dass Handelskontakte zur arabischen Welt sich nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Kriterien orientieren.
Dies ist das zweite Euro-Arabische Treffen, und neben Vertretern aus Unternehmen und Wirtschaftsverbänden gehörten zu den Teilnehmern auch Maros Sefcovic, EU-Kommissar für die Energieunion, und auf der arabischen Seite Minister aus Ägypten, Jordanien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Vertreter aus dem Libanon, dem Irak und der palästinensischen Autonomiebehörde.
Gerade die südeuropäischen Krisenstaaten betrachten arabische Länder nicht nur als potentielle Absatzmärkte, sondern vor allem als begehrte Investitionspartner. Beispiel Griechenland: Die Hellenen locken mit attraktiven Investitionsgesetzen und seit vier Jahren sogar mit einer Aufenthaltsgenehmigung für finanzstarke Ausländer, falls sie Immobilien für mindestens 250.000 Euro erwerben. Allerdings haben bisher nur 145 Interessenten aus Nordafrika und dem Nahen Osten ein solches "goldenes Visum" auch tatsächlich bekommen.
"Noch gibt es zu viel Bürokratie. In der Türkei geht das schneller, da kommt die Aufenthaltsgenehmigung spätestens einen Monat nach Abschluss des Kaufvertrages", kritisiert Rashad Magber, Generalsekretär der Griechisch-Arabischen Handelskammer. Auch von neuen Investitionsgesetzen hält der Experte nicht viel. "Ich wüsste nicht, dass Deutschland oder die USA jemals ein sogenanntes Investitionsgesetz erlassen hätten", gibt Magber zu bedenken.
EU wirbt für Handelsabkommen
Früher war vieles einfacher, erinnert sich der griechische Minister für Infrastruktur Christos Spirtzis. "Da hat man gesagt: Wir skizzieren das Projekt auf einem Blatt Papier, ansonsten zählt das Wort. Leider ist alles komplizierter heutzutage, wegen der Gesetzgebung und der Situation unserer Banken", bedauert der erfahrene Ingenieur auf dem Euro-Arabischem Treffen, "aber der Geist jener Zeit ist noch präsent." Im Klartext: Auch heute würde man schon gerne Verträge unkompliziert abschließen und finanzieren lassen, doch so viel Flexibilität würde gegen geltendes EU-Recht und die strengen Auflagen für die Rettung griechischer Banken verstoßen.
Andererseits schafft gerade das EU-Recht Chancen für europäische und arabische Investoren, etwa durch den Abschluss neuer Handelsverträge, betont Philipp Simon Andree, Referatsleiter Nordafrika, Nah- und Mittelost beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). "Über die Handelsabkommen kann man viel machen. Wenn wir zum Beispiel an manchen Stellen die Zölle senken, haben diese Länder bessere Möglichkeiten, nach Europa zu exportieren und den Handel auszubauen", sagt der Experte im Gespräch mit der DW. Die Athener Tagung nehme die Bedeutung der EU in den Blick. "Das ist etwas, was viele Länder auf der arabischen Welt oft unterschätzen. Vor Ort stellen wir immer wieder fest, dass sie mit dem Botschafter des jeweiligen Landes sprechen, aber gerade bei Handelsfragen ist die europäische Dimension gefragt."
Kontaktbörse und politischer Austausch
Das Euro-Arabische Treffen diente auch als Kontakthof für konkrete Vereinbarungen zwischen Geschäftsleuten. Als Musterbeispiel lobte Maltas Ministerpräsident Muscat eine Baufirma aus Palästina mit Sitz in seinem Land - das Unternehmen hatte am Rande der Athener Tagung Verträge mit griechischen Firmen unterzeichnet. Malta, erklärte Muscat selbstbewusst, gehöre zu den ersten Ländern weltweit, die den Einsatz von Kryptowährungen gesetzlich regeln. Über umstrittene Steuervorteile für ausländische Firmen verlor er indes kein Wort.
Auch für politische Fragen war Platz beim Treffen der Europäer und Araber, insbesondere für das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser. Sowohl Griechenlands Linkspremier Tsipras als auch der konservative Oppositionssprecher Giorgos Koumoutsakos forderten einen unabhängigen Palästinenserstaat mit Ostjerusalem als dessen Hauptstadt. Spaniens Ex-Außenminister Miguel Angel Moratinos erklärte, die EU müsse den palästinensischen Staat feierlich anerkennen und Israel dadurch zur Rückkehr an den Verhandlungstisch zwingen.
Überschattet die Politik die Handelsfragen? Nein, glaubt Griechenlands ehemaliger Wirtschaftsminister Christos Folias. Der konservative Politiker gegenüber der DW: "Ich sage immer: Die Unternehmer kommen voran, die Politik folgt erst später. Wo die Menschen Arbeit haben, da kommt kein Krieg zustande, da wollen die Leute auch nicht auswandern."