ESC-Party in Amsterdam
15. April 2013Zum fünften Mal sind viele ESC-Künstler in den Melkweg-Club gekommen. Vertreter aus 25 von insgesamt 39 Ländern präsentierten ihre Lieder für den Eurovision Song Contest. So viele waren es noch nie. Zwei Drittel aller Beiträge am Stück zu hören, erforderte eine gewisse Ausdauer und Stehvermögen von den Party-Gästen. Sie haben aber den zweieinhalbstündigen Marathon mit Bravour durchgehalten – auch wenn die meisten von ihnen in einer riesenlangen Warteschlange vor dem Club standen.
In Amsterdamer Clubs und Kneipen gibt es seit vielen Jahren ESC-Partys. 2008 sind findige Köpfe auf Idee gekommen, auch ein Konzert vor dem eigentlichen Finale zu organisieren. "Wir hätten nie vor fünf Jahren gedacht, dass aus unseren Spaßveranstaltungen so ein Riesenevent wird", gibt Rene Romkes, einer der Organisatoren zu. Und er kann stolz auf sich und sein Team sein, denn hinter ihnen steht keine Fernsehanstalt.
Mit und ohne Deutschland
Bis jetzt war kein Teilnehmer aus Deutschland in Amsterdam dabei. Allerdings wird in Schweden zum zweiten Mal in Folge Valentina Monetta für San Marino ein Lied des deutschen Erfolgs-Komponisten Ralph Siegel präsentieren. Das ist eine wirklich schöne Ballade auf Italienisch, die die rothaarige Diva mit ihrer ganzen Stimme und Seelenkraft singt. Im Amsterdam wurde sie euphorisch von eingefleischten Eurovision-Fans gefeiert.
Als eine der Moderatorinnen mit einer Strophe aus "Ein bisschen Frieden" – dem Siegertitel von 1982 - ein neues Lied von Ralph Siegel ankündigen wollte, hat der Saal - ohne Mühe - den ganzen Refrain bis zum Ende gesungen. Und schon waren die deutschen Party-Gäste nicht mehr in der Minderheit.
Frauen geben den Ton an
Auch in diesem Jahr sind es Frauen, die zu den großen Favoriten bei den Buchmachern zählen. Allen voran Emmelie de Forest aus Dänemark mit "Only Teardrops". Schade, dass sie nicht nach Amsterdam zum Eurovision-Preview kam. Auch nicht die Niederländerin Anouk mit dem wohl ungewöhnlichsten und ein wenig düsteren Lied "Birds".
Dafür konnte man in Amsterdam drei Damen aus Osteuropa bewundern: Dina Garipova, eine Stimmgewalt aus Russland, Alyona Lanskaya mit reichlich Sexappeal aus Weißrussland und die wie ein Topmodel wirkende Zlata Ognevich aus der Ukraine. Ihnen werden Top-10-Platzierungen vorhergesagt. Auch wenn eine Ballade für Russland oder ein Fantasy-Lied für die Ukraine nichts Besonderes ist: Cha-Cha-Rhythmen aus Weißrussland sind etwas absolut Neues.
Dahinter steckt ein internationales Team mit einem belgischen Komponisten, einem britischen Textschreiber, einem serbischen Choreographen und internationalen Tänzern. Weißrussland meint es offensichtlich ernst und will 2014 nicht nur die Eishockey-Weltmeisterschaft, sondern auch den Eurovision Song Contest ausrichten.
Skandale vorprogrammiert?
Alle Anspielungen des DW-Reporters auf die Scheinoffenheit der letzten Diktatur in Europa hat Alyona mit der Bitte unterbunden, Musik von der Politik zu trennen. Dass das nicht funktioniert, wissen wir spätestens seit der letzten Show in der aserbaidschanischen Hautstadt Baku: Wochenlang diskutierte die europäische Öffentlichkeit darüber, ob man den Lieder-Wettbewerb in einem Land veranstalten sollte, in dem Menschenrechte massiv verletzt werden.
Ein Skandal anderer Art ist vielleicht in Malmö zu erwarten. Für ihn könnten die finnische Sängerin Krista Siegfrids und ihre Freundinnen sorgen. Beim Auftritt in Amsterdam küssten sich innig Krista in einem Brautkleid und eine ihre Tänzerinnen am Ende des Songs "Marry me" auf der Bühne.
Was in Amsterdam geht, wird allerdings kaum auf den Bildschirmen des ESC-Finales zu sehen sein. Die Verantwortlichen bei der European Broadcasting Union (EBU) sind sich dessen bewusst, dass die Show auch in Ländern wie Russland live gezeigt wird, wo so genannte "homosexuelle Propaganda" gesetzlich verboten ist.
Männer sind am Zug
Eine Art Antwort der Männer auf die Herausforderungen des vermeintlich "schwachen Geschlechts" versuchen die Griechen von der lustigen Band Koza Mostra feat. Aghatonas Iakovidis zu geben. "Alcohol is free" heißt ihr Party-Lied. Dass Männer auch elegant singen können, haben Marco Mengoni, der diesjährige Sieger des italienischen Musikwettbewerbs in San Remo, und das kroatische Sextett "Klapa s Mora" gezeigt.
In einer Umfrage nach dem Favoriten haben viele Gäste den Namen des Italieners genannt. Repräsentativ ist dieses Ergebnis nicht. Ein eindeutiger Favorit war nicht zu erkennen. Verdächtig oft ist auch das Wort "Georgien" gefallen. Das Duo "Nodi & Sophie" aus dem kaukasischen Land singt die fast kitschige Ballade "Waterfall" mit einem dramatischen Aufbau.
Typisch also auch für den diesjährigen Eurovision Song Contest am 18. Mai in Malmö.