Erste Palästinenser kehren zurück
5. August 2014Bisher habe es keine Verstöße gegen die dreitägige Waffenruhe gegeben, sagte eine israelische Armeesprecherin. Israel zog noch vor Beginn der von Ägypten vermittelten Feuerpause alle Bodentruppen ab. "Alle unsere Streitkräfte haben Gaza verlassen", sagte General Moti Almos dem Armeerundfunk.
Die vierwöchige Offensive Israels hat im Gazastreifen schwere Verwüstungen verursacht. Tausende Menschen haben nach UN-Angaben keine Bleibe mehr. Rettungskräfte begannen damit, Leichen aus den vielen Trümmerhaufen zu bergen. Nach Beginn der Waffenruhe um 8 Uhr Ortszeit (7 Uhr MESZ) begaben sich viele Bewohner des Gaza-Streifens zurück in ihre Wohnviertel. "Die Menschen beginnen, die UN-Schutzräume zu verlassen", sagte der Sprecher des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA, Chris Gunness. In den 90 UN-Schutzräumen haben 268.000 Flüchtlinge Schutz gesucht.
Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete aus der nördlichen Stadt Beit Hanun über die Rückkehr von dutzenden Menschen in Autos und Eselskarren. Der Familienvater Rafat al-Masri fand von seinem Haus nur noch Trümmer vor. "40 Jahre lang habe ich dafür gearbeitet, und jetzt ist alles vollständig zerstört", sagte er.
Verhandlungen in Kairo
Während der Waffenruhe wollen Israel und Palästinenser in Kairo indirekt über eine dauerhafte Einstellung der Kämpfe verhandeln. Die israelische Regierung erfüllte dazu eine wichtige Vorbedingung: Sie garantiert laut Medienberichten ranghohen Repräsentanten der Palästinenser in Gaza eine sichere Reise nach Kairo. Israel habe inzwischen Unterhändler dorthin entsandt, bestätigte ein hochrangiger israelischer Regierungsmitarbeiter. Israel hatte noch am Wochenende Gespräche mit der Hamas abgelehnt. Vertreter der gemäßigten Fatah aus dem Westjordanland, des Islamischen Dschihad und der Hamas-Exilführung aus Ägypten und Katar halten sich bereits in Kairo auf. Dort wird es allerdings nicht zu direkt Gesprächen zwischen der Hamas und Israel in einem Raum kommen. Vielmehr werden die ägyptischen Vermittler die Forderungen der einen Seite der anderen Seite überbringen.
Die Verhandlungen dürften schwierig werden. Die Hamas verlangt die Aufhebung der Blockade, die die Wirtschaft des Küstenstreifens mit seinen 1,8 Millionen Einwohnern hemmt. Die palästinensische Delegation fordert außerdem die Öffnung der Grenzübergänge, die Ausweitung der Fischereizone auf zwölf Seemeilen und die Freilassung palästinensischer Gefangener. Israel besteht im Gegenzug auf seiner Sicherheit. Es schätzt, dass die Hamas und ihre Verbündeten noch über 3000 Raketen verfügen.
Vorläufig letzte Raketensalve
Wenige Minuten vor der Waffenruhe feuerten militante Palästinenser noch etwa 20 Raketen auf israelische Städte wie Jerusalem, Beerscheva und Aschdod ab. Nach palästinensischen Angaben reagierte Israel mit Luftangriffen in Gaza und in Chan Junis. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte die Feuerpause. Wie die US-Regierung rief er alle Parteien auf, die Waffenruhe einzuhalten.
Der israelische Armeesprecher Peter Lerner betonte, Israel werde auf Angriffe reagieren. Insgesamt hätten die Streitkräfte seit dem 8. Juli 4800 Ziele in dem Küstenstreifen angegriffen, sagte Lerner. Bei Kämpfen und Luftangriffen seien rund 900 militante Palästinenser getötet worden. Dagegen erklärten die Vereinten Nationen, acht von zehn getöteten Palästinensern seien Zivilisten gewesen.
Schäden in Milliardenhöhe
Insgesamt wurden nach palästinensischen Angaben im Gazastreifen 1867 Menschen getötet. Knapp 10.000 wurden verletzt. Auf israelischer Seite starben 64 Soldaten und drei Zivilisten. Das israelische Militär zerstörte nach eigenen Angaben etwa 3000 Raketen der Hamas. Militante Palästinenser hätten während des Kriegs mehr als 3300 Raketen auf Israel abgefeuert, sagte Lerner.
Die Schäden der Militäroffensive im Gazastreifen belaufen sich nach palästinensischen Schätzungen auf vier bis sechs Milliarden Dollar. Dabei seien nur die "direkten Folgen für die Wirtschaft" eingerechnet, noch nicht die "indirekten Folgen für die Bevölkerung", sagte der palästinensische Vize-Wirtschaftsminister Taissir Amro.
kle/uh (dpa, rtr, afp)