Ermittlungen wegen Polizisten-Tötung
23. Januar 2017Der Beamte habe die von dem "Reichsbürger" ausgehende Gefahr erkannt und hätte die tödliche Schussabgabe auf einen 32 Jahre alten Polizisten im Oktober womöglich verhindern können, teilte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit. Gegen den Polizeibeamten sei ein Verfahren wegen Totschlags durch Unterlassen eingeleitet worden. Ein Haftbefehl wurde nach den Worten einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft bisher nicht beantragt.
Im Oktober hatte ein Anhänger der sogenannten "Reichsbürger"-Bewegung bei einer gegen ihn gerichteten Waffenrazzia im fränkischen Georgensgmünd um sich geschossen und dabei einen Polizisten tödlich verletzt sowie einen weiteren verletzt. Dem 49-jährigen "Reichsbürger" sollten seine Waffen, die er zwar legal besaß, entzogen werden, weil er nach Polizei-Erkenntnissen als "nicht mehr zuverlässig für den Besitz" galt. Der Täter wurde leicht verletzt festgenommen. Bereits kurz nach dem Vorfall war der Verdacht aufgekommen, dass der Mann Kontakte zur Polizei pflegte.
Beschuldigter habe mit Schüssen rechnen können
Der nun offiziell beschuldigte Polizist war bereits im November vom Dienst suspendiert worden. Laut Staatsanwaltschaft konnte er durch seine Kenntnisse über den "Reichsbürger" damit rechnen, dass bei der Waffenrazzia Schüsse abgegeben würden. Daher wäre er verpflichtet gewesen, seine Erkenntnisse über den "Reichsbürger" weiterzugeben, "so dass nach derzeitigem Stand durch Ergreifung geeigneter Maßnahmen die tödliche Schussabgabe hätte verhindert werden können", teilte die Anklagebehörde mit. Der Polizist habe sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Laut der Sprecherin der Staatsanwaltschaft ergab sich der Anfangsverdacht gegen den Beamten bei der Auswertung von Chatprotokollen. Das parallel laufende Verfahren gegen einen zweiten, im November ebenfalls vom Dienst suspendierten Polizeibeamten, laufe noch. Dem Mann wird die Verletzung von Dienstgeheimnissen vorgeworfen. Noch keine Erkenntnisse hat die Anklagebehörde dazu, ob die beiden Polizisten selbst "Reichsbürger" sind.
Rechtsextreme Neigungen der "Reichsbürger"
Die Bewegung der "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Häufig legen sie dabei die Grenzen von 1937 zugrunde. Vor diesem Hintergrund sprechen sie dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren amtliche Bescheide nicht. Etliche Akteure sind nach Einschätzung von Verfassungsschützern auch in der rechtsradikalen Szene aktiv.
cw/fab (afp, dpa)