Passagierflugzeug zerbrach in der Luft
1. November 2015Nach Angaben russischer Ermittler sind die Trümmer des Passagierflugzeugs mit 224 Menschen an Bord über ein weites Gebiet von etwa 20 Quadratkilometern verstreut worden. Zuvor sei die Maschine auseinandergebrochen, sagte Viktor Sorotschenko vom russischen Zwischenstaatlichen Luftfahrtkomitee (MAK) in Kairo laut russischen Nachrichtenagenturen. "Die Zerstörung ist in der Luft geschehen. Aber es ist zu früh für Schlussfolgerungen."
Das MAK hat die Aufgabe, bei Flugzeugabstürzen die Ermittlungen in Russland zu führen. Sorotschenko zählt zu einem internationalen Ermittlerteam in Kairo, das den Absturz der Maschine untersucht. Dem Team gehören Experten aus Russland und Ägypten an.
Ägyptische und russische Ermittler wollten Justizkreisen zufolge die beiden Flugschreiber untersuchen, die in den Trümmern des Airbus A321 gefunden wurden. Auch Experten aus Deutschland und Frankreich kamen zum Einsatz.
Der Airbus A321 war am frühen Samstagmorgen vom Badeort Scharm el Scheich am Roten Meer nach St. Petersburg gestartet. Über der Sinai-Halbinsel brach 23 Minuten nach dem Start der Kontakt zu der Chartermaschine der russischen Fluggesellschaft Kogalimawija ab, die unter dem Namen Metrojet fliegt.
Senkrecht zu Boden gestürzt
Die Maschine hatte schon fast ihre Reiseflughöhe erreicht, als sie praktisch senkrecht zu Boden stürzte. Das erkläre die Zerstörung, teilten die ägyptischen Behörden mit. Die Wrackteile wurden dann rund hundert Kilometer südlich der Stadt Al-Arisch im bergigen Nordsinai gefunden. Nach Behördenangaben gab es keine Überlebenden.
Das Luftfahrtministerium teilte mit, der Funkverkehr mit den Piloten sei vor dem Unglück normal gewesen. Die Nachrichtenagentur Interfax berichtete, medizinische Tests der Besatzung seien unauffällig gewesen.
Die ägyptische Regierung erklärte nach dem Absturz, es gebe keine Hinweise auf "Unregelmäßigkeiten". Einen Anschlag hielt auch die russische Regierung für unwahrscheinlich: Ein Bekenntnis der Extremistenmiliz Islamischer Staat sei unglaubwürdig. Eine IS-Gruppe hatte erklärt, sie habe das Flugzeug aus Rache für russische Luftangriffe in Syrien abgeschossen.
In der Region rund um den Absturzort tobt ein Aufstand IS-naher Extremisten. Experten bezweifeln aber, dass sie ein Flugzeug aus fast zehn Kilometern Höhe abschießen können. Zudem hat sich der IS wiederholt als Drahtzieher von Anschlägen dargestellt, die der Gruppe aber nicht mit Sicherheit zugeordnet werden konnten.
Airlines meiden die Region
Dennoch kündigten Lufthansa, Air France-KLM und andere Konzerne wie Emirates an, den Sinai bis zur Aufklärung zu umzufliegen. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung, die französische Flugaufsicht sowie Airbus schickten Experten nach Ägypten.
Luftfahrtexperten zufolge kann ein Anschlag, etwa durch eine Bombe an Bord, nicht ausgeschlossen werden. Sollte eine Bombe in rund 10.000 Metern Höhe an Bord explodiert sein, wäre das Flugzeug wegen des Drucks Militärexperten zufolge aber in der Luft komplett zerstört worden. Es könnte aber "weiter unten etwas passiert sein", möglicherweise habe jemand an Bord den Piloten gezwungen, in den Sinkflug zu gehen. Dann könnte es eine Explosion gegeben haben. Anderen Experten zufolge sind überdies die Gepäckkontrollen an ägyptischen Flughäfen eher lax.
Das Auseinanderbrechen in der Luft kann sowohl für einen Anschlag als auch für einen technischen Defekt an Bord sprechen, wobei es den Experten zufolge äußerst selten ist, dass ein technisches Problem zu einer Explosion des Flugzeugs in der Luft führt.
In Russland wurde für Sonntag Staatstrauer angeordnet. An Bord des Flugzeugs waren vor allem russische Urlauber. Am Zielflughafen St. Petersburg versammelten sich viele Angehörige. Der Agentur Interfax zufolge untersagte die russische Flugaufsicht der Metrojet-Mutter Kogalymavia inzwischen den Betrieb ihrer übrigen A321, bis die Unfallursache geklärt ist.
stu/fab (afp, dpa, rtr)