Wahlergebnisse in der Elfenbeinküste
26. April 201370 der insgesamt 197 Kommunen und Gemeinden der Elfenbeinküste gehen an parteilose Politiker. Das teilte die unabhängige Wahlkommission des westafrikanischen Landes im Staatsrundfunk mit. Damit schnitten die unabhängigen Kandidaten deutlich besser ab als zunächst erwartet und liefen vor allem den beiden etablierten Parteien, der Sammlung der Republikaner (RDR) von Staatspräsident Alassane Ouattara und der Demokratische Partei der Elfenbeinküste (PDCI) von Ex-Staatschef Henri Konan Bédié, die Ränge ab.
Test für die Stabilität
Es waren die ersten Lokalwahlen seit mehr als einem Jahrzehnt in der Elfenbeinküste. Sie wurden bereits im Vorfeld als Bewährungsprobe für die Stabilität und Demokratiefähigkeit des Landes gewertet. Die Partei von Ex-Präsident Gbagbo, die Ivorische Volksfront (FPI), hatte die Wahlen am Sonntag (21.04.2013) boykottiert. Gbagbo muss sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Seine Partei hatte die Freilassung des ehemaligen Machthabers zur Bedingung ihrer Teilnahme gemacht. Die Forderung wurde nicht erfüllt.
Die Koalitionspartner RDR und die PDCI warfen sich im Anschluss an den Urnengang gegenseitig Wahlbetrug und Manipulationen vor. Immer wieder kam es seit dem Wahltag zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Parteianhängern sowie zwischen rivalisierenden Parteimitgliedern, vor allem in der Hauptstadt Abidjan. Mindestens zwei Menschen sollen dabei nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa getötet worden sein, mehrere wurden verletzt.
Interner Machtkampf
"Die beiden großen Parteien liegen im Clinch miteinander", sagt Jens-Uwe Hettmann, von der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung in Abidjan. Die beiden Parteien hatten auf nationaler Ebene eine Allianz gebildet, aber diese sei dabei zu zerbröckeln: "Dadurch, dass Gbagbo verhaftet und nach Den Haag überstellt wurde, hat diese Allianz den Klebstoff verloren, der sie zusammenhielt", so Hettmann. Nur in einigen Wahlkreisen hätten sich die Koalitionspartner auf gemeinsame Listen verständigen können, anderswo habe sich die massive Konkurrenz in Gewalt entladen. Die Koalitionspartner selbst zeigten sich zufrieden mit den Ergebnissen. Die PDCI sagt, sie habe mehr Stimmen als erhofft eingefahren, die RDR sieht sich nach wie vor als wichtigste Partei im Land. Aber sie gesteht auch Fehler ein. "Es stimmt schon zu einem gewissen Punkt, dass wir einfach nicht die richtigen Kandidaten aufgestellt haben", sagt etwa Joël N'Guessan von der RDR.
Der große Zuspruch für die unabhängigen Kandidaten sei wenig überraschend, sagt der Politikwissenschaftler Touré Losséini. "Seit den letzten Parlamentswahlen gibt es eine tiefe Kluft zwischen den Spitzen der Parteien und der Parteibasis." Aus Unzufriedenheit mit ihren Parteien waren einige Mitglieder der PDCI und RDR als unabhängige Kandidaten angetreten.
Blutige Wahlen vor drei Jahren
Die Anspannung im Vorfeld und nach den Kommunalwahlen hängt eng mit den Parlamentswahlen 2010 zusammen: Der damals amtierende Präsident Laurent Gbagbo hatte sich geweigert, dem Wahlsieger Alassane Ouattara das Feld zu überlassen. In den folgenden sechs Monaten kamen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Lager rund 3.000 Menschen ums Leben. Im Frühjahr 2011 wurde Ouattara schließlich offiziell zum Präsidenten ernannt. Gbagbo wurde auf internationalen Druck festgenommen, er muss sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten.
Zurzeit prüfen die Richter, ob die Beweise für ein Hauptverfahren ausreichen. Am Dienstag (23.04.2013) war Gbabgo zudem vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg mit dem Versuch gescheitert, sich gegen Strafmaßnahmen der Europäischen Union zu wehren. Die EU hatte Gbabgo und politische Vertraute mehrere Jahre mit Einreiseverboten und dem Einfrieren von Geldern gestraft. Dies sollte den Ex-Präsidenten unter anderem dazu bringen, seinen Ende 2010 gewählten Nachfolger Ouattara anzuerkennen.
Keine Versöhnung in Sicht?
Seit den Vorfällen von 2010 und 2011 hat sich der Riss durch die ivorische Gesellschaft noch vertieft. Noch immer stehen die Anhänger Gbagbos denen des jetzigen Präsidenten Ouattara unversöhnlich gegenüber, so Beobachter vor Ort. Eine Aussöhnung ist für viele Ivorer nicht in Sicht, wie für diese Frau aus Abidjan: "Wenn die Politiker nicht die Wahrheit sagen, und diejenigen, die früher an der Macht waren, keine Demut zeigen und sich für ihre Taten nicht entschuldigen - dann kann man nicht von Versöhnung sprechen". Die Ivorerin fordert aber auch: "Es darf keine Siegerjustiz geben. Die aktuellen Machthaber dürfen die Fehler ihrer Vorgänger nicht wiederholen."
Die gesellschaftliche Spaltung mache sich auch entlang von Ethnien und Religionszugehörigkeiten bemerkbar, warnt Jens-Uwe Hettmann von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Auch wenn inzwischen in der ivorischen Bevölkerung Stimmen laut werden, die ein Ende der an ethnischen Trennlinien orientierten Politik fordern, ist das nicht das einzige Problem der Elfenbeinküste: Eine Bodenreform stehe aus, die öffentliche Sicherheit und das Justizsystem müssten verbessert werden, sagt Hettmann: "Solange daran nicht effektiv gearbeitet wird, wird die Strategie der Regierung, das Land über wirtschaftliche Erfolge wieder ins Gleichgewicht zu bringen, nicht aufgehen können." 2015 stehen die nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an.