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Absolute Mehrheit für Erdogans AKP

1. November 2015

Die islamisch-konservative AKP des türkischen Staatspräsidenten Erdogan hat sich die Mehrheit der Sitze im Parlament gesichert. Die pro-kurdische HDP übersprang knapp die Zehnprozenthürde.

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AKP-Anhänger mit Porträts von Präsident Erdogan feiern den Wahlsieg (Foto: Reuers)
AKP-Anhänger mit Porträts von Präsident Erdogan feiern den WahlsiegBild: Reuters/O. Orsal

Dank eines spektakulären Sieges bei der türkischen Parlamentswahl kann die Partei des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan künftig wieder alleine regieren. Nach Auszählun nahezu aller Stimmen kam die AKP auf fast 50 Prozent - nach 40,9 Prozent bei der Wahl im Juni, als sie ihre absolute Mehrheit verlor. Damit gewinnt sie 316 der 550 Sitze in der Nationalversammlung in Ankara. Die pro-kurdische HDP schaffte knapp die Zehnprozenthürde und zieht damit erneut ins Parlament ein.

Wahlhelfer beim Auszählen der Stimmen (Foto: Reuters)
Wahlhelfer beim Auszählen der StimmenBild: Reuters/O. Orsal

Auf den zweiten Rang kommt die Mitte-Links-Partei CHP mit rund 25 Prozent der Stimmen - eine leichte Verschlechterung gegenüber den Wahlen im Juni. Entsprechend schlecht war die Stimmung unter den Anhängern, wie der DW-Mitarbeiter Daniel Heinrich berichtete.

Die ultrarechte MHP erreichte rund 12 Prozent. Die MHP hätte damit im Vergleich zum Juni (16,3 Prozent) am meisten Wähler verloren. Die AKP hatte die ihr ideologisch oft nahestehenden MHP-Wähler massiv umworben.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bedankte sich bei den Wählern für den Sieg. "Ich bin Euch und meinem Volk Dank schuldig", sagte der AKP-Chef in seiner Heimatstadt Konya. "Das ist nicht unser Sieg, das ist der Sieg unseres Volkes, das ist der Sieg von Konya, das ist der Sieg unserer Nachbarn, das ist der Sieg unserer Bürger." Die Menge skandierte unter anderem "Allahu Akbar" ("Gott ist groß") und "Die Türkei ist stolz auf Dich". Auf Twitter schrieb Davutoglu nach dem Wahlsieg: "Gelobt sei Gott…"

Vor dem AKP-Hauptquartier in Ankara versammelten sich jubelnde und Fahnen schwenkende Anhänger. In Städten wie Istanbul veranstalteten Gefolgsleute des Präsidenten - der zum Amtsantritt die AKP verlassen musste, sie nach Meinung der meisten Beobachter aber nach wie vor kontrolliert - prächtige Feuerwerke, während andere Freudenschüsse in die Luft abgaben. Die andere Hälfte des Landes stand unter Schock. "Was ist geschehen?" fragte ein Regierungsgegner auf Twitter.

Bei der Wahl im Juni hatte die AKP ihre absolute Mehrheit erstmals seit Übernahme der Regierung im Jahr 2002 verloren. Nachdem Koalitionsgespräche gescheitert waren, rief Erdogan Neuwahlen aus. Die Opposition warf dem Präsidenten vor, eine Koalition mit der CHP verhindert zu haben, um Neuwahlen zu erzwingen.

Gewalt und Anschläge

Der diesmal eher zurückhaltend geführte Wahlkampf war von Gewalt überschattet worden. Seit im Juli eine Waffenruhe zusammenbrach, eskaliert der Konflikt mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK wieder. Die PKK hatte ihre Angriffe im vergangenen Monat bis zur Neuwahl am Sonntag ausgesetzt. Nach der Juni-Wahl wurde die Türkei zudem von Anschlägen erschüttert, die der Terrormiliz IS angelastet wurden. Zum schwersten Anschlag seit Gründung der Republik kam es am 10. Oktober in der Hauptstadt Ankara, mehr als 100 Menschen starben. Die Staatsanwaltschaft machte den IS verantwortlich, der sich allerdings nicht zu der Tat bekannte.

HDP-Anhänger in der Kurdenmetropole Diyarbakir feiern den Wiedereinzug ins Parlament (Foto: Reuters)
HDP-Anhänger in der Kurdenmetropole Diyarbakir feiern den Wiedereinzug ins ParlamentBild: Reuters/S. Nenov

Nach Angaben des Innenministeriums waren 385.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, um die Abstimmung zu schützen. In der Kurdenmetropole Diyarbakir kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Die Polizei setzte Tränengas gegen eine Gruppe ein, die sich vor dem zentralen Gebäude der pro-kurdischen HDP versammelt hatte und gegen die Teilergebnisse der Wahl protestierte. Einige Demonstranten warfen Steine. Diyarbakir ist eine Hochburg der HDP.

Das Wahlergebnis in der Türkei hat auch Bedeutung für die EU und für Deutschland. Die Türkei ist das wichtigste Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa. Die EU drängt die Regierung in Ankara, ein Abkommen zur Rücknahme von Flüchtlingen möglichst bald in Kraft treten zu lassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Türkei dafür bei einem Besuch vor zwei Wochen Finanzhilfen, Visa-Erleichterungen für türkische Bürger und Unterstützung bei den EU-Beitrittsverhandlungen in Aussicht gestellt.

stu/fab (afp, dpa)