Erdogan in Köln
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan teilt die Millionenstadt Köln in zwei Lager. Zehntausende jubeln ihm zu, Zehntausende demonstrieren lautstark gegen ihn. Sein Auftritt war schon im Vorfeld umstritten.
Jubel vor Gleichgesinnten
Recep Tayyip Erdogan lässt sich feiern. Tausende seiner Anhänger sind aus Deutschland und umliegenden Ländern angereist, um seine Rede in Köln zu hören. Einige kritisieren seinen Auftritt als Stimmungsmache vor seiner möglichen Präsidentschafts-Kandidatur.
Potenzielle Wähler
Erdogans Anhänger feierten den Auftritt mit türkischen Flaggen und hochgehaltenen Handys. Im August wird in der Türkei ein neuer Präsident gewählt, viele gehen davon aus, dass Erdogan kandidieren wird. 1,5 Millionen in Deutschland lebende Türken sind dabei wahlberechtigt.
Einmischung unerwünscht
In seiner Rede warf Erdogan dem Westen vor, sich in seinen Regierungsstil einzumischen. Menschen, die nach dem Bergwerksunglück in Soma demonstriert hatten, bezeichnete er als "Terroristen". Er versprach, das Unglück aufzuklären und bat dabei um Geduld.
Warten auf den "Märtyrer"
Schon Stunden vor dem Auftritt umlagerten tausende Erdogan-Anhänger die Veranstaltungshalle im Zentrum von Köln. Etwa 15.000 Menschen wurden eingelassen. Viele riefen "Märtyrer Erdogan" und "Gott ist groß". In der Halle sollte das zehnjährige Bestehen der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) gefeiert werden. Die Organisation steht Erdogans Regierungspartei AKP nahe.
Zehntausende Gegendemonstranten
Nur wenige Kilometer entfernt versammelten sich mindestens 30.000 Menschen, um gegen den Auftritt von Erdogan zu demonstrieren. Die Alevitische Gemeinde hatte dazu aufgerufen. Anschließend zogen die Demonstranten durch die Kölner Innenstadt. Es blieb fast immer friedlich.
Schwere Vorwürfe
Die Gegner des türkischen Ministerpräsidenten kritisierten Erdogans Politik lautstark. Einige beschimpften ihn als "Mörder" der über 300 Bergleute, die beim Grubenunglück im türkischen Soma ums Leben kamen.
Protest für mehr Meinungsfreiheit
Andere warfen Erdogan vor, die Meinungsfreiheit in der Türkei einzuschränken. Der Ministerpräsident hatte zuletzt Youtube und Twitter im Land sperren lassen. Das führte zu weltweiter Kritik am Vorgehen der türkischen Regierung.
Kritik aus der deutschen Presse
Die auflagenstärkste deutsche Zeitung "Bild" hatte den Besuch von Erdogan mit den Worten kommentiert: "Sie sind hier nicht willkommen". Auch andere Zeitungen warfen ihm vor, immer wieder demokratische Werte verletzt zu haben. Erdogan kritisierte die deutsche Presse in seiner Rede scharf und sprach von Beleidigung.
Trittbrettfahrer
Mitglieder der rechtsextremen Splitterpartei "Pro NRW" versuchten, den Erdogan-Besuch in Köln zu nutzen und Stimmung gegen Ausländer zu machen. Es kamen aber nur ein paar Dutzend Anhänger der Partei zusammen. "Die Sicherheit aller Demonstrierenden konnte gewährleistet werden", sagte die Kölner Polizei.
Nicht der erste Aufreger
Schon 2008 hatte Recep Tayyip Erdogan mit einem Auftritt in Köln für viel Kritik gesorgt. Damals bezeichnete er die Assimilierung von Migranten als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und rief seine Zuhörer dazu auf, zwar Deutsch zu lernen, sich aber nicht zu stark anzupassen.