Morgan Freeman - wirklich schon 80?
1. Juni 2017In Morgan Freemans letztem Film, der Kriminalkomödie "Abgang mit Stil", spielt das Alter eine große Rolle. Es geht um alte Männer, die es in Las Vegas noch einmal so richtig krachen lassen wollen. "Schon klar, ich werde dieses Jahr tatsächlich 80. Aber das ist ja nur eine Zahl, die überhaupt nichts darüber aussagt, wie schnell ich aus dem Sitzen wieder hochkomme", kommentierte der Hollywoodstar im Mai gegenüber dem "Playboy". Jetzt ist es so weit, der Mann mit der tiefen Stimme feiert seinen 80. Geburtstag.
Später Start als Filmschauspieler
Freeman ist einer der berühmtesten und meistbesetzten Schauspieler der Welt, Hollywoods graue Eminenz. 1977, als er 40 wurde, hatte er noch keine einzige bedeutende Filmrolle bekommen. Inzwischen hat er in mehr als 70 Filmen mitgespielt. Er war Miss Daisys Chauffeur, Nelson Mandela und in "Bruce Allmächtig" sogar Gott.
Doch der Weg zum Hollywood-Gott war lang und steinig, seine Karriere kam nur langsam voran. Als der Afroamerikaner 1937 in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee zur Welt kam, dominierte die Rassentrennung den US-amerikanischen Alltag, besonders in den Südstaaten. "Mississippi war damals der schrecklichste Ort der Welt für einen Schwarzen", erinnerte sich der Star im Gespräch mit der Washington Post. Freemans Eltern arbeiteten als Hausangestellte bei wohlhabenden Reichen, er selbst jobbte nebenan im Garten.
Eine Kindheit unter den Vorzeichen der Rassentrennung
Schwarze Schauspieler waren in seiner Kindheit fast nie auf der großen Leinwand zu sehen. Es waren weiße Geschichten, die in den Filmtheatern erzählt wurden. Trotzdem wurde Freeman ein begeisterter Filmfan. "Als Kind bin ich praktisch im Kino großgeworden", erzählte er später. Für ihn selbst begann die Schauspielerei auf der Schulbühne. Schon seinen Lehrern in Greenwood war die außergewöhnliche Stimme des Jungen aufgefallen. Der Schüler wirkte an einigen Radio-Shows mit und hätte ein Stipendium für die Jackson State University bekommen können. Doch für Freeman schien die Armee der bessere Weg aus der Kleinstadt. Er ging zur Airforce und wurde Mechaniker.
Nach seinem Ausscheiden ließ er sich zuerst in San Francisco nieder und arbeitete bei der Post. Es waren die 1960er Jahre, alles schien möglich, New York und die Schauspielerei riefen. In Manhattan hielt er sich mit allen möglichen Jobs über Wasser und begann, bei kleinen Off-Off-Broadway-Theatern vorzusprechen. Freeman genoss die Zeit, die Gemeinschaft mit anderen jungen Schauspielaspiranten, mit denen er in kleinen Wohnungen in Harlem oder Greenwich Village Träume und Essen teilte.
Vom Broadway nach Hollywood
1971 bekam er seinen ersten festen Job bei einem Programm, mit dem Kinder lesen lernen sollten: "The Electric Company", eine Rolle, die viel Improvisation erforderte. Die Kinder waren begeistert, und Freeman hatte über Jahre hinweg ein Einkommen, ausreichend für ihn und seinen Hund, wie er sich später amüsierte. Doch die Bindung an das Programm wäre für ihn fast zur Fessel geworden, erkannte er rückblickend.
Erst 1978 schaffte er es tatsächlich in einem Broadway-Theater auf die Bühne, in Richard Wesleys "The Mighty Gents". Das Stück wurde nach neun Aufführungen abgesetzt, aber die Kritiken für Freeman waren herausragend. Er galt plötzlich als Geheimtipp, eine Kultfigur für Eingeweihte, doch die großen Schauspielrollen blieben weiter aus. Bis 1986, da war er fast 50.
"Street Smart" hieß der Film, in dem Morgan Freeman einen Zuhälter so ungewöhnlich spielte, dass die New Yorker Filmkritikerin Pauline Kael damals schon fragte: "Ist Morgan Freeman der beste amerikanische Schauspieler?" An der Kasse war der Streifen kein großer Erfolg. Aber für Freeman brachte er die erste Oscar-Nominierung für die beste Nebenrolle und den endgültigen Durchbruch.
Der Durchbruch zum Superstar
Auf einmal war der Schauspieler ein Superstar, eine Dauerpräsenz in amerikanischen Filmen mit Rollen in einer Reihe von außergewöhnlichen Produktionen. Er spielte den distinguierten älteren Schwarzen in "Miss Daisy und ihr Chauffeur" (1989) und im gleichen Jahr einen Sergeanten im Bürgerkriegsdrama "Glory". Diesen Film, der die Sklaverei thematisiert, hält er heute noch für seinen wichtigsten. Er stand als alter Gangster im Eastwood-Western "Erbarmungslos" (1992) vor der Kamera, als Gefängnisinsasse in "Die Verurteilten" (1994) und als himmlisch gelassener Gott in "Bruce Allmächtig" (2003).
In Clint Eastwoods Boxerdrama "Million Dollar Baby" (2004) war er ein überlegt kommentierender Ex-Boxer – und erhielt für diese Rolle den Oscar als "bester Nebendarsteller". In der Tragikomödie "Das Beste kommt zum Schluss" (2007) war er der Gefährte des todkranken Jack Nicholson. 2009 schließlich verkörperte er in "Invictus - Unbezwungen" Nelson Mandela. Der südafrikanische Präsident selbst soll Morgan Freeman als Darsteller vorgeschlagen haben. Die beiden sind sich öfter begegnet. In Christopher Nolans "Batman"-Serie mimte er den smarten Manager Lucius Fox, in "Die Unfassbaren" einen gewieften Zauberkünstler, an der Seite von Scarlett Johansson als "Lucy" einen Top-Hirnforscher.
Seine Rolle: die moralische Instanz Hollywoods
Würde, Integrität und Lässigkeit sind zu Freemans Markenzeichen geworden. In den meisten seiner Rollen gibt er den Grandseigneur des US-amerikanischen Kinos, sogar in seinen Filmkomödien ist er der Autorität verbreitende Schwarze. Dabei wehrt er sich dagegen, als afroamerikanischer Schauspieler wahrgenommen zu werden. Selbst seine fiktive Rolle als erster schwarzer Präsident der Vereinigten Staaten in "Deep Impact" (1998) wollte der Charakterdarsteller nicht unter dem Rassenaspekt sehen. "Ich spiele nicht den ersten schwarzen Präsidenten. Ich spiele einen Präsidenten, der zufällig schwarz ist", stellt er damals klar. Der erste echte dunkelhäutige US-amerikanische Präsident, Barack Obama, ehrte Freeman 2016 mit der "Nationalen Medaille für Kunst".
Er sei niemand, der sich auf eine Seifenkiste stelle, um politische Reden zu schwingen, sagte der Schauspieler einmal. Politisch wirksam wolle er durch seine Arbeit werden. Trotzdem warb er 2012 mit seiner Stimme in einem Fernsehspot für die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe: "Wir stehen miteinander für das Recht schwuler und lesbischer Amerikaner, die Menschen zu heiraten, die sie lieben." Für Obama engagierte er sich öffentlich und unterstützte dessen Wahlkampf mit einer Spende von einer Million US-Dollar. Wahlwerbung machte er auch für Hillary Clinton.
Ein gutes Leben: Sportübungen, Golf und Filme machen
Schon seit langem ist Freeman auch als ausführender Filmproduzent tätig. Mit seiner Firma "Revelations Entertainment" produzierte er Dokumentarserien für Kabelsender, darunter den Mehrteiler "The Story of God", ein Blick auf Menschen auf der Suche nach ihrem Gott oder ihren Göttern sowie "Through the Wormhole". "Durch das Wurmloch" bemüht sich um Nachdenkliches zu vieldiskutierten Themen von Schusswaffengewalt bis Genderidentität.
Privat hat der zweimal geschiedene vierfache Vater und inzwischen sogar schon Urgroßvater seinen Lebensmittelpunkt von New York wieder in den Süden verlagert. Er ist nach Charleston in Mississippi zurückgekehrt. Doch auch wenn Haare und Bart längst ergraut sind, ist er nicht altersmüde. Als ausgebildeter Tänzer zieht er sein Fitness-Programm seit Jahrzehnten durch, das Golfspielen ist zu seiner großen Leidenschaft geworden.
"Ich setze einfach meinen Weg fort"
Doch seine größte Hingabe gilt immer noch der Arbeit als Schauspieler. Der Terminplan des Oscar-Preisträgers ist prall gefüllt. Freeman-Fans können sich auf den Kinostart seiner Action-Komödie "Villa Capri" im November freuen. Für 2018 wartet der nächste Terror-Plot auf den Star. In dem Action-Drama "London Has Fallen" (2016) glänzte er als cooler US-Vizepräsident, der mit Gerard Butler als Leibwächter und Aaron Eckhart als US-Präsident in London in ein Terror-Inferno gerät. Für die geplante Fortsetzung "Angel Has Fallen" hat Freeman bereits unterschrieben. "Ich hätte nie gedacht, dass ich so alt werde", sagte Freeman schon 2014. "Es ist ganz gut gelaufen, und ich setze einfach meinen Weg fort."