Mit einem Euro bis zu fünf Euro sparen
8. April 2012Bis 2020 will die Europäische Union für den Klimaschutz einiges tun. So sollen mindestens 20 Prozent der Energie aus Erneuerbaren Quellen kommen und 20 Prozent weniger Energie verbraucht werden. Doch während der Umbau auf Erneuerbare Energien dynamisch voranschreitet, droht das Ziel der Energieeinsparung in Europa und Deutschland zu scheitern. Nach Berechnungen der EU-Kommission wird der Energieverbrauch ohne zusätzliche Maßnahmen bis 2020 nur um zehn Prozent sinken.
Mit einem Euro bis zu fünf Euro sparen
Die Energie-Einsparung ist die kostengünstigste Lösung für Klimaschutz und Energiewende. Da sind sich Experten weltweit einig. Nach Berechnungen des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie lohnt es sich immer, Geld in effiziente Gebäudedämmung, Beleuchtung, Kühlung, Klimatisierung und Elektropumpen zu stecken.
"Diese Investitionen sind in der Regel sehr rentabel", sagt Stefan Thomas, Leiter der Forschungsgruppe Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik, gegenüber der Deutschen Welle. Die Mehrkosten, die für die Anschaffung eines effizienten Produktes anfallen, sind gut angelegt, weil bei der späteren Nutzung weniger Energie verbraucht wird. Vergleicht man diese Kosten, so der Physiker, dann werden mit der Investition von einem Euro in eine Maßnahme für Energie-Effizienz Einsparkosten zwischen zwei und fünf Euro erzielt.
Beispiel Pumpentausch
Der Austausch von Pumpen ist besonders lohnend. Pumpen laufen meist rund um die Uhr und unbemerkte Energiefresser. So verbraucht zum Beispiel eine alte Heizungspumpe in einer Wohnung oder Einfamilienhaus 140 Watt Strom. Eine neue effiziente Heizungspumpe nur noch 7 Watt. Damit verbraucht die neue Pumpe 95 % weniger Energie. Der Austausch lohnt sich. Eine neue Pumpe kostet zwischen 300 und 400 Euro, spart aber dafür über 200 Euro an Stromkosten pro Jahr.
Energie-Effizienz schafft neue Jobs
EU-Umweltkommissarin Connie Hedegaard mahnt zum Handeln, um die Energiekosten in den Griff zu bekommen. Nach Angaben von Hedegaard betrugen 2011 allein die Kosten für Öl in Europa 315 Milliarden Euro, 40 Prozent mehr als im Vorjahr. "Warum senken wir nicht die Ölrechnung, steigern die Energieeffizienz, geben weniger Geld an die Saudis und investieren mehr in Europa? Der große Vorteil wäre, dass wir gerade jetzt dadurch Jobs schaffen würden", so die EU-Umweltkommissarin.
In einem Gutachten stellt der ehemalige Präsident des Wuppertaler Instituts, Peter Hennike, fest, dass durch eine konsequente Effizienzpolitik alleine in Deutschland mindestens eine halbe Million Arbeitsplätze geschaffen werden könnten und die deutsche Wirtschaft bis 2020 rund 50 Milliarden an Energiekosten sparen würde.
Bis zum Sommer will die Europäische Union nun mit einer Richtlinie für Energie-Effizienz mehr Bewegung in den Sektor bringen. EU-Kommission und EU-Parlament wollen die Mitgliedsländer verpflichten, jährlich 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr einzusparen. Die Fortschritte sollen alle zwei Jahre von der Kommission überprüft werden.
Beispiel Hausmodernisierung
Auch mit der energetischen Sanierung von Immobilien lässt sich viel Geld sparen, wie ein Beispiel aus Köln zeigt: In einem Einfamilienhaus wurden die Wände gedämmt, die Fenster ausgetauscht, die Heizung modernisiert, Energiesparlampen eingeschraubt und eine Belüftungsanlage eingebaut, die mit der Abwärme aus der verbrauchten Luft die Frischluft erwärmt. Etwa 27.000 Euro kosteten die Maßnahmen für mehr Energie-Effizienz. Der Energieverbrauch sank so um über 60 Prozent. In den nächsten 20 Jahren werden durch diese technischen Maßnahmen etwa 60.000 Euro weniger für Energie ausgegeben.
Dänemark ist Vorreiter in Europa
Nach EInschätzung des Wuppertaler Energie-Experten Stefan Thomas ist Dänemark führend in Europa. Seit über 15 Jahren setze das Land Maßnahmen zur Steigerung der Energie-Effizienz kontinuierlich um und würde nach bisherigen Prognosen als einziger EU-Staat die Sparziele bis 2020 erreichen.
Per Gesetz sind die dänischen Energieversorger verpflichtet dafür zu sorgen, dass der Verbrauch jährlich um 1,25 Prozent sinkt. Die Kunden werden von den Energie-Unternehmen beraten und erhalten zum Beispiel Zuschüsse für den Kauf eines effizienten Kühlschranks oder für Wärmedämmung. Die entstehenden Kosten für Beratung und Zuschüsse werden auf den Energiepreis umgelegt. Doch da der Energieverbrauch sinkt, sparen alle Geld.
"Zuckerbrot und Peitsche"
In Deutschland wird das Potenzial zu mehr Energie-Einsparung nach Ansicht von Experten noch zu wenig und nicht kontinuierlich genug gefördert. Zwar wird jährlich rund ein Prozent aller Häuser energetisch saniert, doch um die vorgegebenen EU- Einsparziele zu erreichen, müsste die Sanierungsquote doppelt so hoch sein. Viele Experten fordern deshalb mehr Engagement von der Bundesregierung.
Energie-Experte Thomas beobachtet die verschiedenen Maßnahmen weltweit und weiß, was gut funktioniert: "Man braucht Zuckerbrot, Peitsche und Werbetrommel", fasst Thomas die Maßnahmen kurz zusammen. Zuckerbrot seien die Zuschüsse für Investitionen, damit die Verbraucher langfristig Energiekosten sparen. Die Peitsche seien die gesetzlichen Vorgaben und die Werbetrommel würde für Information und Verbraucheraufklärung gebraucht.
Japan spart mit Aufklärung 20 Prozent
Nach den Nuklearkatastrophen von Fukushima wurden in Japan fast alle Reaktoren abgeschaltet. Im März 2012 waren nur noch zwei von 54 Atomkraftwerken am Netz. Zu Stromausfällen kam es nicht. Möglich wurde dieses kollektive Experiment zur Einsparung von Strom durch eine großangelegte nationale Kampagne. Die Lampen in Büros und Haushalten wurden freiwillig häufiger ausgeschaltet, effizientere LED-Lampen wurden eingesetzt und die Räume weniger stark mit Klimageräten gekühlt. Im Schnitt wurden rund 20 Prozent des Stroms durch diese verhaltensbedingten Maßnahmen von Industrie, in Büros, Schulen und Haushalten eingespart.