Endspurt vor der Klimakonferenz
19. Oktober 2017"Bula! Willkommen!" grüßt der bunte Schriftzug auf Fidschi und Deutsch. Doch noch braucht es etwas Phantasie, um sich die bis zu 25.000 Besucher vorstellen zu können, die hier täglich ein und aus gehen könnten. Denn noch ist die Weltklimakonferenz (COP23) eine Baustelle. Die 35.000 Quadratmeter große Hallenfläche, die hauptsächlich Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zur Verfügung stehen wird, ähnelt an manchen Stellen noch einer Geisterstadt. Die Stühle, bereits in Reih und Glied aufgestellt, sind leer - die Bildschirme in den Presseräumen schwarz. Noch arbeitet keiner unter dem Licht der Leselampen, diskutiert niemand auf dem Podium. Stattdessen stapeln sich Paletten mit unverbautem Material in den Ecken und das ununterbrochene Sägen, Hämmern und Bohren zeugt von Hochbetrieb.
Es sind noch rund zwei Wochen bis zum Beginn der 23. Weltklimakonferenz, die dieses Jahr unter der Präsidentschaft Fidschis, aber mit Deutschland als Gastgeber am UN-Standort Bonn stattfindet. Neben 25.000 Teilnehmern werden Verteter von 500 NGOs und 1000 Journalisten erwartet - die größte zwischenstaatliche Konferenz, die es in Deutschland je gegeben hat, wie das Bundesumweltministerium erklärt.
Bühne aus heimischer Fichte
Für die Projektplaner und Bauleiter eine enorme Herausforderung. "Normalerweise ist der Planungszeitraum für so eine Veranstaltung eineinhalb bis zwei Jahre", sagt der Leiter für temporäre Bauten Matthias Loewe. Für die COP begann die konkrete Planung erst im Januar - Mitte August wurde die Baustelle eröffnet. Seitdem bauen 1100 Personen die Zeltstadt im Parkgelände Rheinaue auf - auf der Zielgeraden werden es sogar bis zu 2000 sein.
Auch, wenn es noch viel zu tun gibt: Hier und da kann man bereits erahnen, was das Konzept der diesjährigen Klimakonferenz ist: Nachhaltigkeit bis ins Detail. Da wäre zum Beispiel das Fichtenholz, aus dem Bühne und Pavillons gebaut sind - ein regionaler und schnell nachwachsender Rohstoff, so Loewe. Oder die Wasserspender, die an das Leitungsnetz der Stadt angeschlossen wurden und von denen sich Gäste kostenlos Wasser in ihre recycelten Trinkflaschen abfüllen können.
Solarbahn von A nach B
Dort, wo der Nachhaltigkeitsgedanke noch unsichtbar bleibt, helfen Projekt- und Bauleitung aus. So auch im zweistöckigen Kantinenbereich der Bonn-Zone, wo Platz für rund 1500 Personen sein soll. Die Projektleiterin des Umweltministeriums, Beate Frey-Stilz lobt das nachhaltige Essensangebot, das zu 60 Prozent aus Bioprodukten bestehe. Zudem gebe es größtenteils vegetarisches, regionales und saisonales Essen. Um die zehn bis zwölf Euro kostet so ein klimafreundliches Menü dann.
Auch der Transport zwischen den beiden Veranstaltungszonen "Bula" und "Bonn" wurde so emissionsarm wie möglich gestaltet. Neben den größtenteils elektrisch angetriebenen Shuttlebussen stellen die Veranstalter zusätzlich 600 kostenlose Fahrräder zur Verfügung. Außerdem bringen zwei Solarbahnen der Münsteraner Stadtrundfahrten die Gäste von A nach B. "Ich denke, das ist ein sehr schöner Beitrag zur Mobilitätswende", ist Frey-Stilz überzeugt.
Öl als Kompromiss
Doch nicht in jeder Hinsicht ließ sich der Nachhaltigeitsgedanke konsequent umsetzen. So auch beim Thema Heizung - da klimafreundliche Varianten wie beispielsweise Fernwärme zu teuer waren, wird diese bei der Konferenz mit Öl betrieben. Für die Verantwortlichen ein notwendiges und akzeptables Zugeständnis. "Das ganze ist dem Zeit - und Materialfaktor geschuldet", erklärt die Projektleiterin. "In der kurzen Zeit das Material zu ordern, aufzubauen und in Gang zu bringen ist eine riesengroße Herausforderung. Natürlich muss man hier Kompromisse schließen und diese Kompromisse sind wir mit der Heizung auch eingegangen - wir mussten sie eingehen."
Keine Kompromisse machen hingegen Design und technischer Standard: Allein der deutsche Pavillon, in dem die Bundesregierung ihre Aktionen zum Umweltschutz präsentiert, besticht mit allerlei schicken Details: einer LED-Weltkugel mit drei Metern Durchmesser, einer virtuellen Vitrine oder einem Multitouch-Tablet, auf dem sich Besucher informieren können. Bauleiter Loewe ist nicht ohne Grund optimistisch, was das Besucherangebot angeht: "Es wird ein sehr bunter und lebendiger Bereich werden", ist er überzeugt.
Alles in allem plant die Bundesregierung mit einem Haushalt von 117 Millionen Euro aus den Etats des Umwelt- und Außenministeriums. Viel Geld für eine Konferenz. Kritiker merken zudem an, dass die Anreise der Teilnehmer alles andere als emissionsfrei erfolgen wird. In den Augen der Projektleiterin Frey-Stilz lohnt sich der Aufwand. "Jemanden vor Augen zu haben, mit ihm einen Kaffee trinken zu können: Ich persönlich bin der Überzeugung, dass es wichtig ist, diesen Kontakt bei Verhandlungen zu haben und dass dadurch auch die Ergebnisse massiv beeinflusst werden." Dass sie bei der Planung dafür die besten Voraussetzungen geschaffen haben, davon ist sie überzeugt.