Obamas Außenpolitik: Ende mit Paukenschlag
30. Dezember 2016Barack Obama verlässt das Weiße Haus wie er es 2008 bezog: im hellsten Rampenlicht der Weltpolitik. Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit zeigt der scheidende US-Präsident kein Interesse daran, Konflikten aus dem Weg zu gehen - im Gegenteil: Seine Sanktionen gegen Russland haben zwar keine direkte Gegenreaktion aus Moskau provoziert, aber die russisch-amerikanischen Beziehungen noch einmal deutlich verschlechtert - kurz vor dem Amtsantritt Donald Trumps. Auch den Beziehungen zu Israel droht eine Krise, nachdem die USA einen UN-Beschluss gegen die israelische Siedlungspolitik ermöglicht haben.
Angestauter Frust aus acht Jahren Präsidentschaft
Dass Obama kurz vor dem Ende seiner Regierungszeit einen so aggressiven Kurs einschlägt, verwundert. Patrick Horst, Politikwissenschaftler am Institut für Anglistik, Amerikanistik und Keltologie der Universität Bonn, glaubt nicht, dass es Obama bei seinen drastischen Maßnahmen gegen Russland und Israel um sein eigenes Vermächtnis geht - denn ein positives Vermächtnis könne er damit nicht erreichen. "Andere Beispiele würden sich besser als Vorzeigeprojekte eignen, etwa das Freihandelsabkommen TPP oder der Iran Deal. Ich glaube eher, dass Obama seine außenpolitischen Positionen noch mal vor der Geschichte klarmachen will."
Sowohl bei den Sanktionen gegen Russland als auch bei der UN-Resolution könne aber auch viel angestauter Frust im Spiel sein, sagt Horst. "Speziell das Verhältnis mit Israel, die Zwei-Staaten-Lösung, die er am Anfang seiner Präsidentschaft zu einem großen Projekt gemacht hat - in dieses Verhältnis haben John Kerry, Obama, und auch schon Clinton viel Zeit investiert. Das wurmt ihn wahrscheinlich."
Retten, was noch zu retten ist
Eine weitere Erklärung für Obamas lauten Abgang könnte sein, dass er außenpolitisch einiges unter Dach und Fach bringen will, was unter Trump nicht mehr möglich sein wird. "Die Obama-Regierung hat den Wahlkampf unter der Annahme - oder besser: der Illusion - bestritten, dass Hillary Clinton Präsidentin wird", sagt Irwin Collier, Leiter des John F. Kennedy-Instituts für Nordamerikastudien der Freien Universität Berlin. "Anstatt bestimmte Probleme seiner Präsidentschaft einfach an die nächste Regierung abzugeben, muss Obama nun kurzfristig versuchen, die politische Arbeit aus seinen beiden Amtszeiten zu retten."
Bei der UN-Resolution gegen Israel habe Obama mit Blick auf die kommenden vier bis acht Jahre keine andere Option gehabt, als zu handeln, sagt Collier. "Die USA hatten die Wahl, entweder jetzt etwas zu sagen, oder so lange untätig zu bleiben, wie die Trump-Regierung die Außenpolitik kontrollieren wird".
Mit den Sanktionen gegen Russland habe Obama dem zukünftigen Präsidenten allerdings einen Bärendienst erwiesen, findet Collier. "Auf diese Weise gibt er Donald Trump die Möglichkeit, Obama als 'Bad Cop' darzustellen und sich selbst als 'Good Cop' zu inszenieren."
"Ich weiß nicht, ob es das schon mal gegeben hat"
Dass Präsidenten, die zwei Amtszeiten hinter sich haben, sich in den letzten zwei Jahren auf Außenpolitik und ihr Vermächtnis konzentrieren, sei historisch gesehen nichts Neues, sagt Patrick Horst. Ronald Reagan etwa habe in seinen letzten zwei Amtsjahren Abrüstungsvereinbarungen mit Gorbatschow getroffen, George W. Bush mit Indien einen Atomdeal auf den Weg gebracht. "Ähnliches hat Obama zuletzt auch versucht, beispielsweise mit der Wiederaufnahme der Beziehungen mit Kuba", sagt Horst.
Dass Obama seine Präsidentschaft unter anderem mit einem Eklat im UN-Sicherheitsrat ausklingen lässt, findet er trotzdem außergewöhnlich. "Ich weiß nicht, ob es das schon mal gegeben hat, das ist tatsächlich etwas unverständlich. Aber Obama hat ja den Ruf, sich in Sachen Außenpolitik über seine Berater hinwegzusetzen. Vielleicht ist es dieses Mal auch so."