Ende des Dschungels von Calais
24. Oktober 2016Die Umsiedlungsaktion soll innerhalb einer Woche abgeschlossen werden. Es ist geplant, die rund 6500 Flüchtlinge aus Ländern wie Sudan, Syrien, Afghanistan und Eritrea in 450 Auffangzentren zu bringen, die über das ganze Land verteilt sind. Wenige Stunden vor dem Beginn der Räumung gab es gewaltsame Zusammenstöße zwischen Flüchtlingen und der Polizei. Polizisten feuerten Tränengasgranaten an einer Umgehungsstraße des Hafens und im Lager ab, wo sie Steine werfenden Flüchtlingen gegenüber standen. Eine der Granaten (Artikelbild) landete in einem Müllcontainer, der dadurch in Brand geriet. Anschließend beruhigte sich die Lage wieder.
Kurz vor Beginn der Räumung fanden sich erste Flüchtlinge an dem von den Behörden eingerichteten Versammlungspunkt ein. Augenzeugen sprachen von etwa 60 Menschen, die Koffer und Kleiderbündel bei sich hatten.
Traum von der Insel
Die Flüchtlinge in Calais hatten auf eine Weiterreise nach Großbritannien gesetzt. "Sie müssen uns zwingen zu gehen. Wir wollen nach Großbritannien", bekräftigte der Afghane Karhasi. Andere Bewohner äußerten sich positiver. "Man weiß nie, der Abriss kann auch etwas Gutes haben", sagte der Sudanese Faisal al-Adschab. "Alle wissen, dass es vorbei ist. Heute ist der letzte Tag des Dschungels", sagte Hammudi aus dem syrischen Aleppo.
Am Sonntag kam die Präfektin des Départements Pas-de-Calais, Fabienne Buccio, mit Vertretern der unterschiedlichen Bewohnergruppen des "Dschungels" zusammen. Sie berichtete von beunruhigten Flüchtlingen, die um Schutz gebeten hätten.
Behördenvertreter sprachen mit Bewohnern des Lagers und gaben ihnen Flugblätter. Darauf wurden die Flüchtlinge aufgefordert, ihre Sachen zu packen und sich am Montag um 8.00 Uhr an einem Sammelpunkt einzufinden. Aus Sorge vor eskalierendem gewaltsamem Widerstand sollen 1250 Polizisten den Abriss und Abtransport sichern.
Sackgasse Calais
"Wir müssen einige Menschen noch davon überzeugen, die Unterbringung zu akzeptieren und ihren Traum von Großbritannien aufzugeben", sagte Didier Leschi von der französischen Einwanderungsbehörde gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Das werde der schwierigste Teil sein. Mitarbeiter der Asylbehörde versuchten die Bewohner davon zu überzeugen, dass Calais eine Sackgasse sei, sagte Asyl-Behördenchef Pascal Brice. Er versprach eine schnelle Bearbeitung der Asylanträge.
Knapp 200 Jugendliche dürfen nach Großbritannien
Einige unbegleitete minderjährige Flüchtlinge konnten ihren Traum vor der Ausreise verwirklichen. Insgesamt 194 Kinder und Jugendliche sind nach Angaben der Hilfsorganisation "France Terre d'asile" in den vergangenen Tagen von Großbritannien aufgenommen worden. 141 von ihnen seien im Zuge der Regeln zur Familienzusammenführung aufgenommen worden, die 53 anderen seien junge Mädchen, die aufgrund ihrer Verletzlichkeit überführt wurden, sagte ein Vertreter der Organisation. Ein Sprecher des britischen Innenministeriums sagte, zunächst seien diejenigen Kinder aufgenommen worden, die Verwandte in Großbritannien haben. Nun sollten so schnell wie möglich alle anderen berechtigten Kinder folgen.
cgn/ml/se (afp, rtr)