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Elzbieta Penderecka: "Das Erbe meines Mannes bewahren"

28. März 2023

Krzysztof Pendereckis Kompositionen werden weltweit gespielt. Die DW sprach mit seiner Ehefrau, Elzbieta Penderecka, über das künstlerische Erbe ihres Mannes und über das von ihr ins Leben gerufene Beethoven-Festival.

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Elzbieta Penderecka
Elzbieta Penderecka, die Ehefrau des polnischen Komponisten Krzysztof PendereckiBild: DW/M. Jaranowski

DW: Am 29. März sind drei Jahre seit dem Tod Ihres Mannes Krzysztof Penderecki vergangen. Er ist weit über Polen hinaus als großer Komponist bekannt. Aber was für ein Mensch war er?

Elzbieta Penderecka: Ich habe fast 55 Jahre an der Seite meines Mannes verbracht, daher kann ich sagen, dass er nicht nur ein großer Komponist war, sondern auch ein großer Mensch mit einem großen Herzen und einem großartigen Wesen. Er hatte einen Sinn für Humor, er war manchmal sarkastisch, aber er war ein extrem guter Mensch. Er kannte das Wort "Hass" nicht. Und wenn jemand etwas falsch gemacht hat oder etwas gegen ihn getan hat, sagte er: "Weißt du, du musst abwarten, vielleicht ändert er seine Meinung".

Polnischer Komponist Krzysztof Penderecki gestorben
Der polnische Komponist Krzysztof PendereckiBild: imago images/Ukrinform

Krzysztof Penderecki war einer der wichtigsten, aber auch produktivsten Komponisten der Gegenwart. Er schuf mehr als 120 Kompositionen, darunter 4 Opern, 8 Symphonien, aber auch Filmmusik für Blockbuster wie "Der Exorzist". Wie wollen Sie jetzt, wo er nicht mehr da ist, sein Erbe pflegen?

Ich denke, es gibt noch eine Menge Arbeit zu tun. Gleich nach dem Tod meines Mannes habe ich beschlossen, dass ich mich darum kümmern werde. Ich begann zu ordnen, zu überprüfen, zu sortieren. Mein Mann war wunderbar organisiert. Als ich anfing, in einer ziemlich großen Kiste zu suchen, die neben dem Klavier stand, stieß ich unter anderem auf Skizzen zu "Phaedra" von Racine. Mit Hilfe unseres Freundes, des hervorragenden jungen Musikers Jerzy Dybal, wurde eine Suite aus den unvollendeten Skizzen der Oper "Phaedra" für Chor und Orchester und Solisten in der Nationalphilharmonie im November aufgeführt, also fast an dem Geburtstag meines Mannes. Und dann gab es noch eine Suite aus der Oper "König Ubu", die mein Mann zu Lebzeiten vorbereitet hatte und die in Bytom aufgeführt wurde. Sie wird im Druck beim Schott Verlag erscheinen.

Das ist das immaterielle, geistige und künstlerische Erbe. Andererseits haben Sie mit Ihrem Mann das Europäische Musikzentrum Krzysztof Penderecki in Luslawice bei Krakau gegründet. Was wird mit diesem Zentrum und mit Ihrem Herrenhaus in Luslawice geschehen?

Luslawice wurde verkauft oder besser gesagt, größtenteils an den polnischen Staat übergeben, wie es der Wunsch meines Mannes war. Das Zentrum wurde im Mai 2013 nach 16-monatiger Bauzeit mit einem Konzertsaal für mehr als 600 Personen eröffnet, der auf 950 Personen erweitert werden kann und damit sogar größer ist als die Philharmonie in Krakau, mit einer hervorragenden Akustik. Der Traum meines Mannes war es, dass es nicht nur ein europäisches Zentrum wird, sondern auch eines, in dem junge Musiker aus der ganzen Welt ausgebildet werden.

Polen - Komponist Krzysztof Penderecki applaudiert Anne-Sophie Mutter
Krzysztof Penderecki applaudiert Anne-Sophie Mutter bei der Eröffnung des Europäischen Musikzentrums Krzysztof Penderecki in Luslawice im Südosten Polens am 21.05.2013Bild: Getty Images/AFP/J. SKARZYNSKI

Was ist mit dem berühmten Garten, dem Arboretum in Luslawice, das die große Leidenschaft Ihres Mannes war?

Luslawice soll in ein Museum umgewandelt werden, das mit dem Europäischen Zentrum verbunden ist, es soll möglich sein, den Ort zu besuchen, der Garten ist bereits für die Öffentlichkeit zugänglich. Ich denke, der Ort wird dadurch lebendig werden. Es gibt dort Erinnerungsstücke an meinen Mann, das Zentrum hat ein Archiv aus meiner Sammlung angelegt, es gibt eine Menge Korrespondenz, einige Auszeichnungen, Fotos, Filme, für die mein Mann die Musik geschrieben hat.

Von Anfang an haben Sie Ihren Mann unterstützt, indem Sie sein Sekretariat geführt haben. Sie haben sein Leben organisiert, aber irgendwann wollten Sie aus seinem Schatten heraustreten. Wie begann Ihre Karriere als Musikmanagerin und Festspielintendantin?

Als ich gebeten wurde, den Vorsitz im Programmrat der Kulturhauptstadt Europas in Krakau 2000 zu übernehmen, kam in mir der Wunsch auf, etwas Eigenes zu schaffen. Mein Mann sagte: Das solltest du unbedingt tun, nach all den Jahren, in denen du mich begleitet hast. In der Tat habe ich meinen Mann überall hin begleitet und es hat mich überhaupt nicht gestört, dass ich in seinem Schatten lebte. Also dachte ich daran, ein Festival zu veranstalten.

Das Beethoven-Festival. Warum haben Sie Beethoven als Ihren Schutzpatron gewählt?

An Ostern 1997 jährte sich Beethovens Todestag zum 170. Mal. Ich träumte davon, ein Festival zu veranstalten, bei dem nicht nur Werke aufgeführt werden, sondern auch Notenmaterial gezeigt wird, Gespräche geführt werden, Begegnungen mit Musikwissenschaftlern und Kritikern über all diese Werke stattfinden und das etwas anderes ist als nur ein Konzertbesuch. Das erste Festival dauerte sechs Tage. Es gab auch die erste Ausstellung, in der wir einige Beethoven-Handschriften aus der Jagiellonen-Bibliothek zeigten.

Jede Festival-Ausgabe hat ein Thema. Wie lautet das Thema für dieses Jahr?

Das diesjährige Thema lautet "Ost und West", also haben wir uns für Musik von Beethoven, aber auch von japanischen, ukrainischen, amerikanischen und deutschen Komponisten und auch von Krzysztof Penderecki entschieden. So beginnen wir zum Beispiel mit dem Orchestra of the University of the Arts aus Seoul, einem koreanischen Orchester, das unter anderem die "Korean Symphony", die fünfte Symphonie meines Mannes, aufführen wird, und beginnen das Konzert mit der Egmont-Ouvertüre von Beethoven.

Polnischer Komponist Krzysztof Penderecki gestorben
Krzysztof Penderecki, hier auf einem Foto aus dem Jare 1980Bild: Getty Images/Keystone/Hulton Archive

Was ist für das Finale des diesjährigen Festivals geplant?

Das Finale wird Krzysztof Pendereckis "Seven Gates of Jerusalem" sein. Das ist natürlich eine große Hommage an das Vermächtnis und das wunderbare Werk meines Mannes. Das war übrigens nicht meine Entscheidung, denn ich wollte in diesem Fall nicht diejenige sein, die allein über das Finale entscheidet, sondern der gesamte Programmausschuss, unser ganzes Team, das mich von Anfang an, also seit 1996, begleitet.

"The Seven Gates of Jerusalem" ist ein Stück, das für einen außergewöhnlichen Anlass geschaffen wurde...

Es ist ungewöhnlich, denn das Stück wurde anlässlich des 3000-jährigen Bestehens der Großen Heiligen Stadt Jerusalem geschrieben. Es wurde vom damaligen Bürgermeister der Stadt Jerusalem, Teddy Kollek, in Auftrag gegeben. Und stellen Sie sich vor, dass er dieses Werk bei einem Polen in Auftrag gab. Es war ein sehr bedeutendes Werk, weil ein polnischer Komponist, ein deutscher Dirigent mit jüdischen Wurzeln, deutsche Chöre und ein Orchester aus Jerusalem daran mitwirkten. Es ist eines der größten Werke meines Mannes, und wir wollten das Festival in Warschau mit diesem Stück abschließen.

Das Gespräch führte Bartosz Dudek.

Elzbieta Penderecka (geb. 1947) ist seit 1997 Intendantin des Beethoven-Festivals in Warschau. Von 1965 bis 2020 war sie mit dem polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki (1933-2020) verheiratet.

Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek Redakteur und Autor der DW Programs for Europe