Ellen Fokkema - Vorbild für deutschen Fußball?
7. August 2020"In der Saison 2020/21 startet der KNVB in Zusammenarbeit mit dem VV Foarut [VV steht für Voetbalvereniging, übersetzt Fußballklub - Anm. d. Red.] ein Pilotprojekt, um Frauen die Teilnahme am Amateurfußball in der Kategorie A für Männer zu ermöglichen", ließ der niederländische Fußballverband KNVB wissen. "Ellen Fokkema erhält eine Ausnahmegenehmigung, um in der ersten Männermannschaft des VV Foarut zu spielen." Heimat des Vereins ist das Dorf Menaldum nahe der friesischen Provinzhauptstadt Leeuwarden im Norden der Niederlande. Foarut spielt in der vierten Liga.
Art Langeler, beim KNVB für die Fußball-Entwicklung zuständig, sagte, der Verband erhalte regelmäßig Anfragen von Frauen, die mit Männern im Amateurfußball spielen wollten: "Der KNVB setzt sich für Diversität und Gleichberechtigung ein. Dieser Fall ist eine sportliche Herausforderung, die wir nicht blockieren wollen."
Profi-Angebot ausgeschlagen
Gemischte Fußballteams gibt es in den Niederlanden im Jugendbereich bereits seit 1986. Bis zum Alter von 19 Jahren dürfen Mädchen und Jungen zusammen in einer Mannschaft spielen. Danach mussten sich Spielerinnen bisher entscheiden, ob sie für ein Frauenteam wollten spielen oder eine Männermannschaft der Senioren-Kategorie B: Reservemannschaften der vierten Klasse oder tiefer.
Fokkema erhielt nun vom Verband nach mehrmaliger Anfrage eine Sondergenehmigung für die höheren Klasse. Sie finde es "fantastisch”, dass sie nun auch im Seniorenbereich mit ihren Teamkollegen weiterspielen könne, sagte die 19-Jährige. "Seit meinem fünften Lebensjahr spiele ich mit diesen Jungs Fußball. Ich hätte es als sehr schade empfunden, nicht mehr mit dieser Mannschaft spielen zu dürfen. Meine Teamkollegen haben begeistert reagiert, dass ich bleiben darf." Die Jugendnationalspielerin schlug wegen ihrer Berufsausbildung zur Krankenschwester sogar ein Profi-Angebot des Frauen-Erstligisten SC Heerenveen aus.
Gemischte Teams in Deutschland bis zur B-Jugend
In Deutschland sehen die Regelungen aktuell ähnlich aus wie im Nachbarland. "Die DFB-Ordnungen ermöglichen grundsätzlich gemischten Spielbetrieb bis zur U17. Es ist teilweise den Landesverbänden überlassen, dies auch bis zur U17 umzusetzen", teilte der DFB auf Anfrage der DW mit. "Einige Landesverbände erlauben in der U15/U17 gemischte Teams nur mit Sonderantrag und aus Gründen der Talentförderung. In jüngeren Altersklassen (Kinderfußball) wird meist gemischt gespielt." Eine U19-Spielklasse für Juniorinnen gibt es in Deutschland nicht - mangels Nachfrage und weil die Spielerinnen, die in diesem Alter noch Fußball spielen, in der Regel bereits in Erwachsenen-Teams eingesetzt werden. Weil die Frauen damit nicht mehr der Jugendordnung unterliegen, dürfen sie auch nicht in Juniorenteams eingesetzt werden.
Ausnahmen möglich
"Aus Gründen der Talentförderung können aktuelle DFB-Kaderspielerinnen in Abstimmung mit der zuständigen National- oder Verbandstrainer*in jedoch eine Sonderspielerlaubnis erlangen", schreibt der DFB. Grundsätzlich empfehle man den für die Sondergenehmigungen zuständigen Landesverbänden aber, "dass sie in Absprache mit den betroffenen Spieler*innen und Vereinen im Einzelfall vernünftige, praktikable Lösungen vor Ort suchen. Über allem sollte immer die Vision stehen, dass wir als DFB allen Menschen, die Fußball spielen oder sich im Fußball engagieren wollen, die Teilhabe am Fußball ermöglichen".
Im Profibereich haben sich bislang in Deutschland schon einige Schiedsrichterinnen bei den Männern etabliert. Bibiana Steinhaus gehört inzwischen zur Riege der Bundesliga-Referees. Auch Trainerinnen arbeiten sich bei den Männern immer weiter nach oben. Imke Wübbenhorst sitzt seit kurzem beim Viertligisten Sportfreunde Lotte auf der Bank.
"Unmoralisches Angebot" für Prinz
Im Jahr 2003 hatte das Angebot des italienischen Männer-Erstligisten AC Perugia an die deutsche Weltklasse-Stürmerin Birgit Prinz für Aufsehen gesorgt. Allerdings könnte es sich dabei auch um einen Marketing-Gag des Vereinspräsidenten gehandelt haben, der zuvor auch schon den - mäßig talentierten - Sohn des damaligen libyschen Staatschefs Muammar el Gaddafi, Al Saadi Gaddafi, unter Vertrag genommen hatte.
Das Engagement des Gaddafi-Sohns endete wegen eines Dopingvergehens des Spielers, das von Birgit Prinz kam gar nicht erst zustande. Sie tat es ihren schwedischen Kolleginnen Hanna Ljungberg und Victoria Svensson gleich und gab Perugia trotz bester Verdienstmöglichkeiten einen Korb - "aus sportlichen Gründen", wie die dreimalige Weltfußballerin damals beteuerte.