Die Königin des Sprints
31. Juli 2021So weit ging die langjährige Freundschaft zu Shelly-Ann Frazer-Pryce dann doch nicht. In Tokio überspurtete Elaine Thompson-Herah ihre frühere Mentorin und gewann zum zweiten Mal nach Rio 2016 olympisches Gold über 100 Meter. Hätte Frazer-Pryce gewonnen, wäre die 34-Jährige die erste Frau der olympischen Geschichte gewesen, die dreimal in der Königsdisziplin des Sprints triumphiert hätte. Wie versteinert wirkte die Olympiasiegerin von 2008 und 2012, zu keiner herzlichen Umarmung fähig, nur zu einem distanzierten Schulterklopfen. Goldmedaillengewinnerin Thompson-Herah schien das aber auch nicht großartig zu stören.
2015 erstmals unter elf Sekunden
Dabei war die 29-Jährige früher nicht müde geworden, Frazer-Pryce als ihr großes Vorbild zu bezeichnen. Selbst die mit Blumen verzierte Frisur der berühmten älteren Trainingskollegin kopierte Thompson zeitweise.
Sie wurde 1992 in Manchester im Süden Jamaikas geboren, wo ihr Vater einen Friseurladen führte. Thompson war eine Spätzünderin in Sachen Sprint. Erst mit 16 Jahren tauchte sie in den Ergebnislisten auf, große Erfolge als Juniorin blieben aus. Fünf Jahre später wurde Thompson in den Nationalkader berufen.
2015 explodierte ihre Leistung förmlich, was Doping-Experten die Stirn runzeln ließ. Damals blieb sie erstmals über 100 Meter unter der magischen Marke von elf Sekunden und über 200 Meter unter 22 Sekunden. Ihre Bestzeit auf der kurzen Sprint-Strecke steigerte sie um 33 Hundertstel auf 10,84 Sekunden, die über 200 Meter sogar um 1,57 Sekunden auf 21,66 Sekunden.
Doppel-Gold in Rio
Bei den Spielen 2016 in Rio de Janeiro wurde Thompson die erste Jamaikanerin, die olympisches Gold über beide Sprintstrecken gewann. In den Jahren danach hatte die 1,69 Meter große und 57 Kilogramm schwere Sprinterin häufig mit Achillessehnen-Problemen zu kämpfen. So blieb sie bei der Weltmeisterschaft 2017 in London und bei der WM 2019 in Doha ohne Medaille. Ende 2019 heiratete sie ihren langjährigen Freund Derron Herah und nahm den Doppelnamen Thompson-Herah an.
Nur eine war schneller
In Tokio gewann sie in der neuen olympischen Rekordzeit von 10,61 Sekunden. "Ich wusste, dass ich es in mir habe", sagte Thompson-Herah nach ihrem Sprint zu Gold. "Aber wegen Verletzungen ging es bei mir rauf und runter. Ich habe immer an mich geglaubt." Es war die zweitschnellste Zeit, die jemals von einer Frau gelaufen wurde. Schneller als Elaine Thompson-Herah war nur Florence Griffith-Joyner bei ihrem Fabel-Weltrekord 1988 (10,49 Sekunden). Die US-Amerikanerin, die 1998 im Alter von nur 38 Jahren starb, wurde immer wieder des Dopings verdächtigt, aber nie positiv getestet.