Eklat beim ESC-Vorentscheid
6. März 2015Dabei war es für den Sänger mit der weichen Soulstimme an dem Abend sehr gut gelaufen. Trotz Fieber und Grippe sang sich Andreas Kümmert ins Finale des Abends, erntete Standing Ovations und wurde schließlich vom Fernsehpublikum per Telefonvoting zum Sieger gewählt. Selbst die sonst nicht auf den Mund gefallene Moderatorin Barbara Schöneberger verstummte kurzzeitig, als Kümmert erklärte, dass er die Wahl nicht annehmen wollte: "Ich bin nur ein kleiner Sänger." Das Publikum antwortete mit Buhrufen, Schöneberger versuchte, Kümmert noch umzustimmen. Der blieb dabei und gab seinen Titel an die Sängerin Ann Sophie ab, die mit ihm im Finale dieses Abends gestanden hatte.
Die Hamburgerin hatte sich zwei Wochen zuvor per Wildcard die Teilnahme an der Show "Unser Song für Österreich" gesichert und kämpfte gegen sieben weitere Kandidaten. Die Auswahl hätte kaum unterschiedlicher sein können. So gab es von harmlosem Folk-Pop bis hin zu minimalistischen Elektropop für jeden Geschmack etwas zu hören an diesem Abend.
Eröffnet wurde die Show von der Siegerin des Eurovision Song Contest 2014: Mit "Rise like a Phoenix" gab die Drag-Queen Conchita Wurst den glamourösen Startschuss für diesen Vorentscheid.
Erste Runde mit Stärken und Schwächen
Die Künstler brachten solide Auftritte, konnten aber nicht alle überzeugen. So blieb das Duo Mrs. Greenbird eher farblos, die sechsköpfige Mittelalter-Folk-Gruppe Faun konnte auch ihr Bühnenoutfit und die brennenden Feuerschalen nicht in die nächste Runde retten. Der jüngste Teilnehmer, DJ Noize Generation, hatte sich bei der Wahl seines Sängers, der oft den Ton nicht traf, ein wenig vergriffen. Offenbar mochte das Publikum auch nicht die elegische "Nature Pop Music", die das Duo Fahrenhaidt mit der Sängerin Amanda Pedersen vortrug. Diese vier schieden nach der ersten Runde aus.
Das Markenzeichen der vier Ladies von Laing sind Elektropop mit dreistimmigem Gesang und eine coole, minimalistische Bühnenshow. Bei ihrem ersten Song strampelten die Berlinerinnen auf Hometrainern im Takt, auch das gefiel den Zuschauern, genau so wie die Singer-Songwriterin Alexa Feser, die mit kräftiger, rauer Stimme einen starken Popsong vortrug.
Der rote Jumpsuit, in dem Ann Sophie zwei Wochen zuvor die Wildcard gewonnen hatte, sollte der Sängerin Glück bringen. Das funktionierte, sie wurde in die zweite Runde gewählt.
Und schließlich kam Andreas Kümmert mit Soul- und Bluesstimme, sang eine gefühlvolle Ballade und bekam als erster vom Publikum Szenenapplaus.
Halbfinale und Entscheidung
Im Halbfinale legten alle vier noch einmal einen drauf: Ann Sophie, die erst seit zwei Wochen wusste, dass sie hier teilnehmen würde, brachte einen starken und tanzbaren Popsong, der ihrer Stimme weitaus besser stand als ihre erste Nummer. Alexa Feser überzeugte mit einer eindringlichen Ballade. Die vier Damen von Laing begeisterten das Publikum mit einer eigenwilligen Lightshow. Und schließlich bekamen die Zuschauer auch noch einmal die Ausnahmestimme von Andreas Kümmert hören, der als einziger Mann in dieser vorletzten Runde stand.
Im Finale kämpften schließlich mit Ann Sophie und Andreas Kümmert zwei ebenbürtige Gegner um den Sieg des Abends. Ann Sophie, die in der Pause zugab, dass sie nicht wisse, wie ihr im Moment geschehe, sang noch einmal ihren explosiven Song "Black Smoke" und nahm das Publikum in der Halle für sich ein. Auch Andreas Kümmert erntete Standing Ovations für seinen Song "Heart of Stone".
The Show must go on
Dann wurde es noch einmal spannend. Die beiden Finalisten mit Gefolge und Moderatorin betraten die Bühne, der Sieger Andreas Kümmert wurde unter lautem Jubel verkündet. Sein überraschender Verzicht an der Teilnahme beim ESC-Finale in Wien ist in der Geschichte dieses Wettbewerbs beispiellos.
Die Show ging nach einer kurzen Schrecksekunde dank der Schlagfertigkeit Barbara Schönebergers zügig weiter. Sie erklärte ohne weitere Absprache mit der Sendeleitung die sichtlich verunsicherte Ann Sophie zur Siegerin des Abends und ließ sie noch einmal ihren Siegertitel singen.
Wieder die Wildcard
Auch wenn der Abend etwas anders verlaufen ist als geplant, eine Parallele zum vergangenen Jahr gibt es: 2014 hatte das Trio Elaiza die Wildcard bekommen und gewann auch den ESC-Vorentscheid. Beim Finale landeten sie allerdings unter den Letzten.
Am 23. Mai findet das diesjährige Finale des ESC in Wien statt. Es wird in die ganze Welt übertragen und von 120 Millionen Fernsehzuschauern verfolgt. Unter dem Motto "Building Bridges" treten insgesamt 40 Länder gegeneinander an. Zum ersten Mal nimmt Australien an dem Wettbewerb teil – als Gruß aus Europa an den Rest der Welt.