Einkaufsbummel für Weltverbesserer
9. Januar 2014Die graue Pudelmütze kostet fast 75 Euro – ein stolzer Preis in Zeiten von Billigtextilien und Schnäppchenangeboten. Doch dafür, so verraten die Stichworte unter dem Produktfoto, ist sie auch fair gehandelt und ökologisch empfehlenswert. Wem das noch nicht Kaufargument genug ist: Fünf Prozent des Preises gehen zudem an die Hilfsorganisation "Ingenieure ohne Grenzen“. Angeboten wird die Mütze bei Fairnopoly, einer neuen Verkaufsplattform im Internet.
Der Name erinnert an den Spieleklassiker Monopoly. Doch im Unterschied zum US-amerikanischen Brettspiel geht es bei Fairnopoly um mehr als bloßen Gewinn: Es will den großen Internet-Verkaufsplattformen wie Ebay und Amazon Paroli bieten. Die Produkte sind zwar nicht ganz billig, dafür kauft man hier mit gutem Gewissen. "Es ist natürlich so, dass gerade fair gehandelte Produkte, die wir ja fördern möchten, häufig teurer sind“, sagt Geschäftsführer Felix Weth im DW-Gespräch. Aber es sei wichtig, ein Bewusstsein für die Produktionsbedingungen zu schaffen.
Verkauft werden darf, ähnlich wie bei Ebay, alles: Kleidung, Schuhe, Bücher, Musikinstrumente, Spiele, Kosmetik, Möbel und Gutscheine. Es können neue Produkte sein, aber auch ältere Gebrauchsgegenstände. Mit speziellen Filtern kann der Kunde sich bewusst für Produkte entscheiden, die zum Beispiel fair gehandelt sind. Der Filter "klein & edel" sortiert die Ware von kleineren Produzenten heraus, die ihre Ware aus hochwertigen Materialien herstellen. Mehrere zehntausend Artikel sind im Angebot, davon auch viele von Großhändlern. Nicht alle sind fair gehandelt, aber die fair gehandelten werden - etwa durch niedrigere Provisionen – gefördert.
Vorbild: Wikipedia
Gegründet wurde die Berliner Genossenschaft vor rund einem Jahr vom 34-jährigen Felix Weth und einer Gruppe junger Aktivisten, seit September kann man hier einkaufen. "Das fing ursprünglich mit der Herausforderung an, ein Sozialunternehmen zu gründen, dass Korruptionsbekämpfer unterstützt", erzählt er. So wird bei Fairnopoly bei jeder Transaktion ein Prozent an Initiativen gespendet, die sich aktiv gegen die Verfilzung einsetzen. Zudem propagiert Fairnopoly große Offenheit - Kontobewegungen sind einsehbar.
Gleichzeitig setzt Weth - wie auch sein Vorbild Wikipedia - darauf, dass Menschen sich gerne für etwas einsetzen, wenn es ihnen wichtig erscheint. "Wir wollten auch Freiwillige mobilisieren und zeigen, man nicht alles über das große Geld regeln muss.“ Finanziert wird das Unternehmen deshalb durch eine Crowdfunding-Kampagne. Knapp 35.000 Euro sind auf diese Art schon zusammen gekommen. Wer kein Geld hat, kann sich auch durch Freiwilligenarbeit einbringen und zum Beispiel etwas programmieren.
Die Idee könnte aufgehen, glaubt Markus Beckmann vom Lehrstuhl für Corporate Sustainability der Universität Erlangen-Nürnberg im DW-Gespräch. Vor allem die sogenannten "Lohas“ könnten zur finanzstarken Zielgruppe von Fairnopoly gehören. Das Akronym “Lohas” steht für den Lifestyle of Health and Sustainibility. "Das heisst, ich konsumiere Bioprodukte mit einem guten Gewissen“, erklärt Beckmann das Konzept. Anders als die ersten Nutzer der Bioprodukte in den 1980er und 1990 Jahren, die eine stark verzichtsbereite Konsumhaltung hatten, gehe es den Lohas aber vor allem um Genuss. Beckmann schätzt, dass mittlerweile 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung zu den Lohas gezählt werden können.
Unterschied zwischen Wille und Handeln
Trotz guter Prognosen gilt es auch für Fairnopoly einige Hürden zu überwinden. "Wir wissen aus dem Bereich nachhaltiger Konsum, dass es eine Diskrepanz gibt, zwischen dem, was Leute bekunden, was sie tun möchten und dem was sie tun“, sagt Wirtschaftsprofessor Beckmann. So würden viele Menschen angeben, ungern bei einem Unternehmen kaufen zu wollen, was wegen Ausbeutung in der Kritik stehe. In der Praxis würden sie dennoch zum billigeren Produkt greifen. "Eine kritische Berichterstattung über andere Anbieter wie etwa Amazon, verbunden mit einer Berichterstattung über Fairnopoly, kann aber dazu führen, dass man auf die Alternative aufmerksam wird“, glaubt Beckmann. Damit neue Plattformen dauerhaft genutzt werden, müssten die Angebote aber auch gut funktionieren – spricht: viel Auswahl bieten.
Zurzeit hat Fairnopoly zudem auch noch einen anderen Kampf auszufechten. Denn der Name sorgte jüngst für Ärger bei dem US-Spielwarenhersteller Hasbro, der den Spielklassiker Monopoly herausgibt. Dieser fordert Fairnopoly dazu auf, Namen und Logo zu ändern. Sie sehen ihre Markenrechte verletzt. In dem Abmahnverfahren hat sich bislang keiner bewegt.