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Politik

Eine Weihnachtsansprache, die Mut machen will

24. Dezember 2017

Angst, Ohnmacht und Zweifel? Dazu bestehe in Deutschland trotz aller Unwägbarkeiten kein Grund, meint Bundespräsident Steinmeier. Auch in der derzeit schwierigen politischen Lage sieht er Licht am Ende des Tunnels.

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Weihnachtsansprache Bundespräsident
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Drei Monate sind seit der Bundestagswahl vergangen, doch geordnete politische Verhältnisse wollen sich in Deutschland nicht einstellen. Nach wie vor ist die alte Bundesregierung im Amt - aber nur noch geschäftsführend. Sie kann Bestehendes verwalten, ansonsten herrscht Stillstand. Auch der Bundestag, obwohl konstituiert und theoretisch gesehen arbeitsfähig, ist im Wartezustand. Solange sich die Parteien nicht auf eine funktionierende Koalition geeinigt haben, also nicht klar ist, welche Parteien regieren und welche in der Opposition sein werden, können die wichtigen Ausschüsse, in denen die parlamentarische Arbeit gemacht wird, nicht besetzt werden.

Immer mehr Bürger schütteln ungläubig den Kopf, aber müssen sie sich auch Sorgen machen? Nein, meint Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache. Nicht alles "Unerwartete" müsse "uns das Fürchten lehren". Auch keine Regierungsbildung, die "in ungewohnter Weise" auf sich warten lasse. "Ich versichere Ihnen: Der Staat handelt nach den Regeln, die unsere Verfassung für eine Situation wie diese ausdrücklich vorsieht, auch wenn solche Regeln in den letzten Jahrzehnten nie gebraucht wurden. Deshalb: Wir können Vertrauen haben."

Auch die Hirten vor Bethlehem waren mutig

Vertrauen und Zuversicht, diese beiden Begriffe sind der rote Faden in der Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten, die traditionell am Abend des ersten Weihnachtstags von deutschen Sendeanstalten ausgestrahlt wird. Steinmeier will Mut machen, auch wenn in Deutschland und der Welt nicht nur die politische Lage ungewiss ist.

Angela Merkel (20.11.2017)n
Kanzlerin Merkel nach geplatzter Jamaika-Sondierung: Regierungsbildung lässt "in ungewohnter Weise" auf sich wartenBild: Reuters/A. Schmidt

"Wir leben in einer Zeit, die uns beständig mit Unerwartetem konfrontiert. Sie verunsichert uns auch!", stellt der Bundespräsident fest. Die meisten Menschen würden sich nach Beständigkeit und Gewissheit sehnen. "Aber wären wir Menschen nicht auch mutig und offen für das Unerwartete, dann wären schon die Hirten vor Bethlehem auseinander gelaufen", meint Steinmeier unter Verweis auf die Weihnachtsgeschichte.

"Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Krisen überwunden und uns erneuert. Wir sind ein Land geblieben, in dem wirtschaftliche Vernunft ebenso wie soziale Gerechtigkeit als Leitprinzipien für Politik gelten", so Steinmeier. "Und wir sind ein Land, das die Kraft und den Willen hat, Zusammenhalt zu bewahren und das Zusammenwachsen weiter zu befördern." Dafür aber sei weiterhin viel zu tun. Nicht nur vonseiten der Politik, sondern auch vonseiten der Bürger.

Mit Mut und Zuversicht gegen die Landflucht

Wie das aussehen kann, hat Steinmeier während seines ersten Amtsjahres auf Reisen durch Deutschland erlebt. Beispielsweise in Sachsen, wo sich junge Menschen gegen die dort verbreitete Landflucht wenden. "Es sind Leute, die ihre Heimat als einen Ort erhalten, der Gründe gibt, zu bleiben, vielleicht sogar dorthin zurückzukehren."

Es habe ihn sehr beeindruckt, so Steinmeier, wie diese jungen Leute zusammen mit ihrem Bürgermeister ihr Dorf wieder lebenswert gemacht hätten. Mit einem von Freiwilligen betriebenes Café als Treffpunkt, einem kleinen, als Bürgerinitiative gegründeten Kino, einem von Nachbarn gebauten Spielplatz und Häusern, für die die Gemeinde Sorge trägt, die sie vor dem Verfall schützt und für junge Familien wieder herrichtet.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei Sachsen-Antrittsbesuch in Penig
Bundespräsident Steinmeier bei Sachsen-Antrittsbesuch in Penig: "Solche Menschen machen Mut"Bild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

"Solche Menschen, die ich in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ebenso getroffen habe wie in Bayern und Niedersachsen, solche Menschen machen Mut - und sie verdienen Ermutigung", betont der Bundespräsident und fügt hinzu: "Mehr noch: Sie verdienen Unterstützung durch die Politik." Denn die Beispiele im Kleinen würden wichtig in den großen Zusammenhängen. "Sie zeigen uns: Wir sind den Verhältnissen nicht ausgeliefert. Zukunft ist kein Schicksal. Wir können im Großen wie im Kleinen Ohnmacht und Entfremdung überwinden, wenn wir gemeinsam etwas tun, wenn wir nicht nur nach Verantwortung anderer schauen, sondern auch die eigene erkennen."

Ein Weihnachtsmoment für das ganze Jahr

"Lassen Sie uns aufeinander Acht geben!", erklärt der Bundespräsident zum Abschluss seiner ersten Weihnachtsansprache, die er ausdrücklich auch an Menschen richtet, "die nicht in der christlichen Tradition aufgewachsen sind, die einer anderen oder gar keiner Religion angehören". Die Stille zwischen den Jahren würden die Christen mit dem Frieden verbinden, den die Weihnachtsgeschichte verspreche. "Ich wünsche mir diesen Augenblick für Sie, für uns alle, - einen Weihnachtsmoment, den wir aufheben und bewahren können, das ganze Jahr hindurch."