Eine Frau will nach oben
Vom Mädchen aus der Provinz zur ersten deutschen Kanzlerin. Am Donnerstag (17.07.2014) feiert die "Mutti der Nation" runden Geburtstag. Wir blicken zurück auf 60 Jahre Frauenpower.
Plötzlich tauchte sie auf...
... und brach mit vielen Klischees: Eine ostdeutsche Frau ohne politisches Vitamin B, die erst an die Spitze der konservativen Partei rückt und dann Kanzlerin wird! Zwei Mal wurde sie seitdem wiedergewählt. Die deutsche Schriftstellerin Juli Zeh widmete ihr gar ein Theaterstück: "Mutti".
Als "Mutti" noch "Angie" war
Wer hätte damals gedacht, dass Angela Dorothea Kasner einmal die mächtigste Frau der Welt werden würde?! Fleiß, Sachlichkeit, Zurückhaltung, Bodenständigkeit - die kleine Angela wächst in einem protestantischen Haushalt im brandenburgischen Templin auf, ihr Vater ist Pastor. Die Mutter passt zuhause auf Angie und die zwei jüngeren Geschwister auf.
Die liebe Familie
Angelas Großeltern: Oma Greta und Opa Ludwig mit ihrem Sohn Horst Kazmierczak - Angelas Vater. Ja, richtig gelesen: Kazmierczak. Die Familie lebt in Posen, siedelt später nach Berlin um - und ändert 1930 den Namen in Kasner. Als die polnischen Wurzeln der Kanzlerin 2013 bekannt wurden, sorgte das für große Aufmerksamkeit - vor allem in Polen selbst.
Damals im Ferienlager...
Angela geht in Brandenburg zur Schule. Das Campen in Himmelfort kurz nach dem Abi 1973 hat sie sich mehr als verdient, denn sie legt einen Noten-Schnitt von 1,0 hin. Besonders glänzt sie in Russisch und Mathematik. Während ihrer Schulzeit ist Angela Mitglied im sozialistischen Jugendverband FDJ. Sie ist die erste deutsche Regierungschefin, die in der DDR aufwuchs.
Die 70er: Wissenschaft statt Rock' n' Roll
Dann beginnt Merkel ihr Physikstudium in Leipzig, arbeitet anschließend an der Akademie der Wissenschaften der DDR in der Chemie, promoviert über Zerfallsreaktionen. Damals lernt sie ihren ersten Mann Ulrich Merkel kennen. "Angela fiel mir auf, weil sie ein sehr freundliches, offenes und natürliches Mädchen war" , erinnert er sich. Sie reist gerne, wie hier in Prag - ausnahmsweise ohne Ulrich.
Der "Neue"
"Eines Tages packte sie ihre Sachen und zog aus dem gemeinsamen 10-qm-Zimmerchen" aus, erzählt der Ex-Mann. Bad und Toilette hatten sie sich mit Kommilitonen geteilt. "Sie nahm die Waschmaschine mit, ich behielt die Möbel". Jahre später wird sie politisch aktiv, erst als Mitglied des Demokratischen Aufbruchs, dann in der CDU. Und ein neuer Mann tritt in ihr Leben: Helmut Kohl, der Ziehvater.
Kein Gegenwind ist stark genug für sie
Merkel arbeitet sich hoch: 1990 wird sie Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Als Kanzler macht Helmut Kohl sie zur Frauen- und Jugend-Ministerin, obwohl die DDR-Bürgerin keine guten Kontakte innerhalb der Union hat und wenig erfahren ist. Vier Jahre später wird sie im Kabinett Kohl Umweltministerin und ist auch zuständig für Reaktorsicherheit.
Der Terminator der Christdemokraten
Auf Vorschlag des neuen CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble wird Merkel 1998 Generalsekretärin, vier Jahre später Vorsitzende. Sie selbst stößt Kohl vom Sockel. 2005 gewinnt sie mit ihrer Partei die Wahlen und wird die erste Bundeskanzlerin - zum Leidwesen von Gerhard Schröder, der gerne noch weiter regiert hätte. Unter ihr rückt die CDU stärker in die Mitte. Sie ist nun weniger konservativ.
Sie hat gut lachen
Die politische Männerwelt hat sie gut im Griff. Als Chefin der europäischen Wirtschafts-Lokomotive gibt sie während der Finanzkrise den Ton an und setzt sich für die deutschen Interessen ein. Kritiker im Inland halten ihr vor, sie laviere und taktiere zu viel und lasse es an klaren Worten fehlen - vor allem in der NSA-Kontroverse.
Stecken sie unter einer Decke?
Wohl eher nicht - das Verhältnis zu Wladimir Putin war schon vor der Krim-Krise nicht so herzlich wie die Beziehung zwischen dem russischen Präsidenten und Merkels Vorgänger, Gerhard Schröder. Aber Putin zollt ihr hohen Respekt, heißt es - und beide können sich fließend sowohl auf Deutsch als auch auf Russisch unterhalten.
Mädelsabend mit Weinschorle
Die Weltpolitik sicher in den Händen der Ehefrau - da kann Joachim Sauer getrost seinen Verpflichtungen als "First Lady" nachkommen. Ihren zweiten Ehemann heiratete Merkel 1989 - schon vor ihrem politischen Durchbruch. Er ist Professor für physikalische und theoretische Chemie und hat zwei Söhne aus erster Ehe. Sauer gilt als eher öffentlichkeitsscheu.
Die deutsche Antwort aufs Weiße Haus
Was für andere das Weiße Haus oder der Elyssée-Palast ist, ist für das Ehapaar Merkel/Sauer ihre Wohnung in Berlin Mitte. Viel Prunk hat Angie gar nicht nötig. Anwohner treffen sie regelmäßig im Supermarkt an der Kasse, den Einkauf lässt sie sich nicht nehmen. Ihren Mann soll sie nach wie vor regelmäßig bekochen.
Kleine Meerjungfrau
Ihre Urlaube verbringt Merkel gerne auf der italienischen Insel Ischia, wo sie schwimmen geht oder mit ihrem Mann wandert. Auch als Ski-Langläuferin wird sie regelmäßig gesichtet.
Mutig, mutig!
So wie hier bei der Eröffnung einer Oper in Oslo sieht man Merkel selten. Dem damaligen norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg (r.) dürfte das Outfit gefallen haben. Als Liebhaberin klassischer Musik wird die Kanzlerin auch regelmäßig bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth gesichtet.
Sie weiß, was ein Abseits ist
Denn bei den wichtigen Spielen der Nationalmannschaft ist sie gerne im Stadion und jubelt mit. Danach darf sie das, wovon viele Frauen träumen: die Spieler in der Umkleidekabine besuchen - und ein Selfie mit Lukas Podolski schießen. Laut ARD-Deutschlandtrend sind knapp 70 Prozent der Deutschen mit ihrer Kanzlerin zufrieden oder sehr zufrieden.