Ein Zug voller Flüchtlinge aus Italien
5. August 2015Bei Zwischenaufenthalt auf dem Bahnhof im bayerischen Rosenheim holten die Beamten insgesamt 147 Kinder, Frauen und Männer aus einem Eurocity aus Italien. "Das ist der größte Aufgriff, den die Bundespolizei jemals in Deutschland getätigt hat", teilte die Inspektion in Rosenheim mit. Allein 119 der Flüchtlinge stammten aus Eritrea.
Die Asylbewerber wurden zunächst in einer Turnhalle der Dienststelle der Bundespolizei versorgt. Nach Abschluss der Registrierung konnten die Menschen zur Aufnahmestelle für Flüchtlinge in München fahren.
Nach Angaben der Bundespolizei verdeutlicht der Fall, dass Flüchtlinge derzeit überwiegend aus Italien über Österreich nach Deutschland kommen. Allein im Juli verzeichnete die Behörde rund 6400 solcher Einreisen, mehr als in den Jahren 2012 und 2013 zusammen. Mit etwa 11.000 Einreisen im ersten Halbjahr 2015 hat sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdreifacht.
Bayern kritisiert EU
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warf der EU-Kommission vor, der Nichtbeachtung europäischer Verträge durch Italien und Griechenland tatenlos zuzusehen. In beiden Ländern würden "überhaupt keine wirksamen Grenzkontrollen mehr stattfinden". Weder Griechenland noch Italien kämen ihren Verpflichtungen aus dem Dublin- und dem Schengen-Abkommen nach, kritisierte Herrmann bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in Taufkirchen bei München. Nach dem Abkommen von Dublin muss das EU-Land einen Asylantrag bearbeiten, das der entsprechende Flüchtling zuerst betreten hat.
600.000 Asylanträge 2015?
Unterdessen meldete die Tageszeitung "Die Welt", der Bund rechne jetzt damit, dass in diesem Jahr mehr als die bisher prognostizierten 450.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden. Die Online-Ausgabe der Zeitung berief sich auf Angaben aus dem Teilnehmerkreis einer Telefonkonferenz von Vertretern von Bund und Ländern. Demnach erklärte die beamtete Staatssekretärin im Innenministerium, Emily Haber, dass die bisherige Prognose noch in diesem Monat nach oben korrigiert werde.
Nach Informationen des Blattes rechnen mehrere Bundesländer damit, dass sich die Zahl der Asylanträge 2015 auf 600.000 erhöhen könnte. Während in den vergangenen Jahren in den Sommermonaten ein Rückgang bei den Zugangszahlen verzeichnet worden sei, habe es in diesem Jahr mehr Anträge gegeben, hieß es.
Laut Bundesinnenministeriums liegt derzeit noch keine neue Prognose über die Zahl der erwarteten Asylanträge vor. Ein Ministeriumssprecher teilte mit, dass die Schätzzahlen regelmäßig der aktuellen Entwicklung "angepasst" würden, eine gültige neue Schätzung gebe es aber noch nicht. Für die Unterbringung von Flüchtlingen sind die Bundesländer zuständig. Angesichts der deutlich gestiegenen Asylbewerberzahlen sehen sich zahlreiche Gemeinden vor große Probleme gestellt, die Länder fordern eine größere finanzielle Hilfe des Bundes.
wl/kle (dpa, afp, epd)