EHEC-Erreger auf Sprossen nachgewiesen
10. Juni 2011Die Wissenschaftler haben lange gesucht, nun sind sie endlich fündig geworden. Auf Sprossen konnten sie endlich EHEC-Bakterien des aggressiven Typs O104 nachweisen. Das in der Nähe von Bonn entdeckte Gemüse stammt nach bisherigen Erkenntnissen aus dem verdächtigen Biohof im niedersächsischen Bienenbüttel. Das teilte das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium am Freitag (10.06.2011) in Düsseldorf mit. Zum ersten Mal sei es gelungen, eine ununterbrochene Kette zwischen dem Betrieb und erkrankten Menschen herzustellen.
Mitarbeiter des Rhein-Sieg-Kreises hatten die Sprossenpackung aus der Mülltonne eines Haushaltes gefischt, nachdem zwei der drei Familienmitglieder Mitte Mai an EHEC erkrankt waren. Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Johannes Remmel sagte, der Fund bestätige die aktuelle Warnung vor Sprossen-Verzehr. "Es wird damit immer wahrscheinlicher, dass Sprossen die Ursache der EHEC-Erkrankungen sind." Da aber nur eine geöffnete und keine geschlossene Packung untersucht worden sei, bleibe ein Rest an Unsicherheit, sagte der Grünen-Politiker. Auch deshalb solle weiter auf strenge Hygiene und besondere Vorsicht im Umgang mit rohen Lebensmitteln geachtet werden.
Grünes Licht für Gurken und Tomaten
Schon zuvor hatten die Behörden die seit mehr als zwei Wochen bestehende Verzehrwarnung für Gurken, Tomaten und Salat aufgehoben, die für Sprossen aber aufrechterhalten. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) konnten bei 26 von 55 Erkrankungsherden die Spuren zu dem Betrieb im Landkreis Uelzen zurückverfolgt werden. Dies sei mittels einer sogenannten Restaurant-Kohortenstudie gelungen, bei der die Köche der betroffenen Restaurants nach den Zutaten ihrer Menüs befragt worden waren. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner begrüßte die Eingrenzung der Infektionsquelle und betonte, die Bürger könnten sich nun dwieder am Genuss von Tomaten, Gurken und Blattsalaten freuen.
Die allgemeine Krankheits-Lage entspannt sich nach Angaben von Experten deutlich. Gesundheitsminister Daniel Bahr verwies darauf, dass die Zahl der Neuerkrankungen seit mehreren Tagen stetig zurückgehe. Gleichwohl könne aber noch keine Entwarnung gegeben werden. Es sei mit weiteren Ansteckungen und Todesfällen zu rechnen. Das Schlimmste sei aber wohl überstanden. Die Zahl der EHEC-Todesfälle stieg am Freitag auf 32. Insgesamt hatten sich mehr als 2000 Menschen mit dem Erreger infiziert.
Regierung will Konsequenzen ziehen
Gesundheitsminister Daniel Bahr kündigte eine Verbesserung des Meldeverfahrens für die teils lebensgefährliche Darmkrankheit an. Diese liefen größtenteils noch auf dem Postweg ab. Es sei auch ihm unverständlich, warum hier noch veraltete Kommunikationswege genutzt würden, sagte der FDP-Poliktiker. Nun gehe darum, das Zusammenspiel der Behörden zu verbessern, um beim nächsten Mal besser vorbereitet zu sein.
Die Union stützte Forderungen des Deutschen Bauernverbandes, die Europäische Union müsse mehr als die in Aussicht gestellten 210 Millionen Euro für die unter dem Absatzeinbruch leidenden Gemüsebauern bereitstellen. "Die CDU/CSU-Fraktion erwartet, dass die Europäische Union die Hilfen deutlich aufstockt", teilten die Abgeordneten Franz-Josef Holzenkamp und Mechthild Heil mit. Der Bauernverband bezifferte die Verluste der deutschen Gemüsebauern auf 65 Millionen Euro. In ganz Europa seien Ausfälle in Höhe von 500 bis 600 Millionen Euro entstanden.
Russland gibt Zeichen der Entspannung
Russland will die Einfuhr von Gemüse aus den 27 EU-Staaten nur mit einer Sicherheitsgarantie wieder erlauben. Kremlchef Dmitri Medwedew und die Spitze der EU-Kommission verständigten sich auf ihrem Gipfel in Nischni Nowgorod auf das weitere Vorgehen. Demnach sollen einzelne Gemüsesorten dann eingeführt werden dürfen, wenn ein Labor sie speziell auf EHEC testet und entsprechend auszeichnet.
Zunächst hatte die Hamburger Gesundheitsbehörde spanische Gurken als EHEC-Träger öffentlich bekanntgemacht - später stellte sich allerdings heraus, dass es sich dabei um einen anderen Erregertyp handelte. Die Rechtsanwältin Sabine Pellens teilte mit, dass mit Frunet nun der erste spanische Obst- und Gemüsehändler vor Gericht zieht. Sie hatte beim Verwaltungsgericht der Hansestadt Eilantrag auf Akteneinsicht eingereicht, um angebliche Schlamperei der Hamburger zu belegen. Am Ende könnte es um Schadenersatz in Millionenhöhe gehen.
Imagekampagne für spanisches Gemüse
Die spanische Regierung möchte nun eine Werbekampagne starten, um den Ruf des dort angebauten Gemüses zu verbessern. Vor allem Gurken wurden vor zwei Wochen zu Unrecht als Quelle der in Norddeutschland ausgebrochenen EHEC-Epidemie identifiziert. Das ließ die Nachfrage nach Gurken rapide sinken und den Preis fallen. Nun sollen ab Samstag Broschüren verteilt und Plakate in allen großen spanischen Einkaufsmärkten aufgehängt werden. Auch die deutsche Regierung will die Kampagne unterstützen. Nach Deutschland geht normalerweise ein Viertel der spanischen Gemüse-Exporte.
Autor: Reinhard Kleber (dpa, rtr, dapd, afp)
Redaktion: Rolf Breuch/Ursula Kissel