Ebay: Rückgabe macht Sorgen
16. November 2004Der Urteilsspruch des Bundesgerichtshof (BGH) vom 3.11.2004 gibt Kunden bei Versteigerungen des Internet-Auktionshauses Ebay ein Widerrufsrecht. Ersteigerte Artikel können innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen ohne Begründung zurückgeben werden, wenn diese von einem gewerblichen Anbieter stammen.
Immer das Kleingedruckte lesen
Angefangen hatte die ganze Geschichte mit einem Ebay-Kunden, der ein - laut Beschreibung - "wunderschönes Diamant-Armband in 14 Karat Gold" ersteigert hatte. Nachdem er das Armband erhalten hatte, musste er feststellen, dass das Gold nur plattiert war. Das stand aber lediglich im Kleingedruckten der Auktion. Der Kunde zahlte den Verkaufspreis von 252,51 Euro nicht und wollte von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Der Schmuckhändler aber akzeptierte dies nicht. Er klagte erst beim Amtsgericht Rosenheim, dann beim Landgericht Traunstein auf Zahlung - erfolglos. Schließlich gelangte der Fall vor den Bundesgerichtshof.
Über diesen Urteilsspruch werden sich natürlich viele Ebay-Kunden freuen, für einige Ebay-Händler ist dies aber ein Schlag ins Gesicht. Sie fürchten vermehrte Rücksendungen und damit höhere Kosten. Auch in den zahlreichen Kommentaren in den Online-Foren zeigt sich die Sorge, dass der E-Commerce-Handel bei Ebay für Anbieter nicht mehr lukrativ sei. Darunter sind viele kleine Profi-Händler, die sich zum Teil mit "Ich-AGs" eine Existenz aufgebaut hatten, um Arbeitslosigkeit und Hartz 4 zu entgehen. "Existenzgründer sind besonders betroffen, da der Vertriebsweg der Online-Auktion vielfach der Einstieg in die Selbstständigkeit als Online-Händler ist", sagt Ebay-Sprecher Nerses Chopurian. "Kleinunternehmer können sich das 14-tägige Rückgaberecht gar nicht leisten.“
Verwirrung bei Händlern und Verbrauchern
Das Internet-Auktionshaus reagierte gelassen. "Dass die Stärkung des Verbraucherschutzes die Händler abschrecken könnte, ihre Waren via Internet zu versteigern, sei nicht zu erwarten," heißt es in offiziellen Verlautbarungen von Ebay. Abgesehen davon gab es das Widerrufsrecht bei Artikel, die von gewerblichen Händlern zu einem Festpreis angeboten wurden, schon lange vor dem Urteilsspruch. Außerdem gewährten viele Händler aus Marketinggründen freiwillig ein Rückgaberecht. Und das dieses Recht jetzt auch gesetzlich verankert ist, steigert vielleicht sogar die Attraktivität des Internet-Auktionshauses aus Verbrauchersicht.
Allerdings bleibt nach dem Urteil noch eine grundlegende Frage offen: Wer ist jetzt Händler und wer Verbraucher? "Das ist bei den Gerichten hochgradig umstritten," sagt der Berliner Rechtsanwalt Sören Siebert. Der BGH konnte die genaue Abgrenzung offen lassen, weil es in dem oben genannten Fall eindeutig um einen professionellen Anbieter ging - einen Schmuckhändler. Eine genaue Trennung zwischen Händler und Verbraucher zu definieren, ist nicht ganz so einfach. "Gerade bei Ebay wandeln sich Rollen, da Verbraucher häufig auf Dauer zu Händler werden, indem sie dazu übergehen, selbst Produkte über Ebay zum Verkauf anzubieten und damit einen Beitrag zu ihrem Lebensunterhalt verdienen", verdeutlicht Chopuria.
Andere Gerichte differenzieren nach Art des Verkaufs. Ein geschäftstüchtiger Student, der haufenweise ausrangierte Studienbücher über Ebay losgeschlagen hat, handelt nach einem Urteil des Landgerichts Hof noch nicht gewerblich. Wer lediglich seine Privatgeschäfte via Internet abwickelt, werde damit noch nicht zum Unternehmer. "Es kommt also auch darauf an, was verkauft wird", erläutert Siebert.
Ebay ist "Marktführer"
Mehr als 10.000 Menschen verdienen in Deutschland mit Ebay bereits ihren Lebensunterhalt. Vier Millionen Artikel befinden sich ständig im Angebot. Im vergangenen Jahr 2003 wechselten Waren im Wert von vier Milliarden Euro ihren Besitzer. Die Auktionen per Mausklick sind zum großen Geschäft geworden, bei dem Ebay praktisch ein Monopol hat. Andere Plattformen wie Azubo, hood oder atrada haben nach einer Untersuchung der Stiftung Warentest zu geringe Nutzerzahlen, um für neue Kunden attraktiv zu sein. (nak)