1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EADS mit nur einem Chef

16. Juli 2007

Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy wollten eine neue Struktur beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern besprechen. Schon vorher gab die neue Führung das Ergebnis bekannt.

https://p.dw.com/p/BGHs
Ein Modell des Großraumflugzeugs A380 vor dem EADS-Logo. (Quelle: AP)
Das EADS-Prestigeprojekt Airbus A380 leidet unter LieferschwierigkeitenBild: AP

Es hätte ein symbolischer Erfolg für Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy werden sollen. Am Montag (16.07.07), so hieß es, sollten die Regierungschefs am Airbus-Hauptsitz in Toulouse zusammenkommen, um die Managementstrukturen beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS neu zu ordnen. Doch schon 20 Minuten vor Sarkozys Ankunft gab der Deutsche Thomas Enders das Ende der Doppelbesetzung in der Konzernführung bekannt. Anfang Oktober übernimmt Louis Gallois, der bisher neben Enders als Co-Vorstandsvorsitzender agiert hatte, die alleinige Führung bei EADS. Enders wird dafür Chef beim Flugzeugbauer Airbus, dem Hauptumsatzbringer des Konzerns. Der Medienunternehmer und EADS-Großaktionär Arnaud Lagardère zieht sich aus dem einflussreichen EADS-Verwaltungsrat zurück und überlässt die Leitung DaimlerChrysler-Manager Rüdiger Grube.

"Der beste Mann für den Job"


Thomas Enders, deutscher EADS-Vorsitzender. (Quelle: AP)
Thomas Enders wird das Unternehmen Airbus leiten...Bild: AP

"Ich weiß, es kommt überraschend, aber es ist eine gute Entscheidung", sagte Enders. Es gebe keine Sieger und Verlierer – alleiniger Gewinner sei EADS, das nun eine klare Führungsstruktur habe. "Ich werde zukünftig an Gallois berichten", sagte Enders. "Die Zusammenarbeit ist erprobt. Gallois schwieg sich unterdessen aus, bis sein Präsident angekommen war. Die Regierungschefs zeigten sich zufrieden. Merkel würdigte die neue Führungsstruktur der EADS als effizient und gerecht. Laut Sarkozy wird Lagardère in fünf Jahren den Vorsitz des Verwaltungsrats übernehmen. Offenbar wird die deutsch-französische Doppelspitze also durch ein Rotationsverfahren in den Führungspositionen abgelöst.

Laut EADS soll das Management künftig nach dem Prinzip "Der beste Mann für den Job" berufen werden, auch wenn die Balance der Gründerstaaten und –Aktionäre erhalten bleibe. Die industriellen Großaktionäre DaimlerChrysler und Legardère sowie die Regierungen von Frankreich, Deutschland und Spanien blieben EADS voll verpflichtet, betonte der Konzern. Derzeit hält das deutsche Unternehmen DaimlerChrysler 15 Prozent der EADS-Aktien, 7,5 Prozent gingen ohne Stimmrecht an ein überwiegend deutsches Konsortium aus Bundesländern und Banken. Eine direkte Beteiligung des Staates lehnt Berlin ab. Auf französischer Seite hält der Staat direkt 15 Prozent, die französische Mediengruppe Lagardère hat ihren Anteil von 15 auf 7,5 Prozent verringert.

Fit für den internationalen Wettbewerb

Louis Gallois, französischer EADS-Vorsitzender. (Quelle: AP)
...Louis Gallois den Vorstand von EADSBild: AP

Durch die Umformung der Führungsstrukturen bei EADS soll Airbus wettbewerbsfähiger werden im Vergleich zum US-Erzrivalen Boeing. Das Großraumflugzeug Airbus A380, steht in Konkurrenz zur Boeing 747, das Langstreckenmodell A350 zum Boeing 787 Dreamliner. Dass Airbus zuletzt wegen Lieferproblemen an Boden verlor und nun europaweit 10.000 Stellen abbaut und Werke schließt, wird auch der bisherigen, komplizierten Führungsstruktur zur Last gelegt. "Es geht darum, dass das Unternehmen nach unternehmerischen und nicht nach politischen Erwägungen geführt wird", hatte Bundeskanzlerin Merkel vor dem Treffen mit Sarkozy dem "Handelsblatt" gesagt. EADS solle "schlagkräftiger" werden.

Der Konflikt um die EADS-Führung reiht sich ein in eine lange Liste deutsch-französischer Wirtschaftskonflikte. 2004 gelang es dem damaligen Wirtschafts- und Finanzminister Sarkozy zwei Mal, in "patriotischer Pflicht" deutsche Interessen abzuwehren. Er unterstützte den Pharmakonzern Sanofi bei der feindlichen Übernahme des deutsch-französischen Konkurrenten Aventis. Nicht minder forsch war Sarkozy bei der Rettung des Alstom-Konzerns, als er sich gegen den Einstieg von Siemens wehrte. Auch beim Fusionspoker um die Pariser Börse Euronext ging die deutsche Seite leer aus. Kanzlerin Merkel bewertete den Konflikt um EADS dennoch pragmatisch: Es sei das gemeinsame Interesse des französischen Präsidenten und von ihr, dass das Unternehmen gute Flugzeuge verkaufe und Geld verdiene. (ask)