Dänemarks Bibliotheken - Vorbild für Deutschland?

Dem architektonisch anspruchsvollen Bibliotheksgebäude DOKK 1 liegt ein ökologisch, raumtechnisch und sozial komplett durchdachtes Gesamtkonzept zu Grunde. "Es gibt kein Gebäude in Dänemark, das so komplex gebaut ist", sagt Knud Schulz, Direktor und Planungsmanager. Das dänische Architektenbüro SchmidtHammerLassen zeichnet mit seinem eigenwilligen Entwurf dafür verantwortlich.

In Dänemark sind öffentliche Bibliotheken attraktive Orte, an denen vor allem junge Leute und Familien auch ihre Freizeit verbringen. Die Dänische Königliche Bibliothek in Kopenhagen liegt direkt am Wasser im alten Kriegshafen, ihre Pausen vom Studieren können die Nutzer der riesigen Universitätsbibliothek auch draußen in der Sonne oder in der gemütlichen Cafélounge verbringen.

Der Anbau der Dänischen Königlichen Bibliothek, der 1999 eingeweiht wurde, liegt wie ein schwarzer Monolith am Rande des Hafenbeckens. Die Form der Architektur erinnert an einen Diamante:, hochglänzend polierter Granit aus Simbabwe schmückt die Außenfassade. Das Haus ist gleichzeitig National- und Universitätsbibliothek und beherbergt auch einen Konzertsaal und das nationale Fotomuseum.

Der Übergang vom modernen Neubau in das historische Bibliotheksgebäude ist im dritten Stock, hoch über dem Stadtverkehr von Kopenhagen. 1906 erbaute der dänische Baumeister H.J. Holmes die Königliche Hofbibliothek, Ende des 20. Jahrhunderts platzte sie aus allen Nähten. Inzwischen hat sich dort auf insgesamt 160 Kilometern Regalfläche die größte Büchersammlung Nordeuropas angesammelt.

Die Sammlungsbestände der Dänischen Königlichen Bibliothek in Kopenhagen sind auf der ganzen Welt berühmt. Studenten aus allen Ländern kommen hierher, um in den altehrwürdigen Lesesälen historische Dokumente und Literatur zu studieren. Seit 1697 wird hier jedes in Dänemark publizierte Buch gesammelt - in zwei Exemplaren. Für Forscher und Wissenschaftler eine Fundgrube.

Skandinavien ist weltweit bekannt für sein gutes Design, Farben werden hier im Norden Europas gezielt dafür eingesetzt, mehr Licht und Atmosphäre in die Räume zubringen. Kupferfarbene Lampen tauchen den Eingangsbereich der DOKK1-Bibliothek in Aarhus in warmes, gemütliches Licht. Eine Behörde oder Servicereinrichtungen für Bürger vermutet man in diesem Gebäude erst mal nicht.

In der Bibliothek der Zukunft spielen Bücher und Medienträger nur noch eine untergeordnete Rolle. Der digitale Wissensaustausch und das Erlernen praktischer Fähigkeiten im "Makerspace" werden zunehmend wichtiger, die öffentlichen Bibliotheken mehr und mehr zum "Community Center" für alle Generationen. Das DOKK 1 ist in ganz Europa wegweisend mit seiner innovativen Konzeption.

An alles haben die Architekten gedacht: während die Eltern drinnen in Ruhe Bücher und Zeitschriften lesen können, bieten Außenspielplätze den Kindern Platz zum Toben und Klettern. Auf familiengerechte öffentliche Gebäude legt der Wohlfahrtsstaat Dänemark sehr viel Wert, dafür zahlen die Dänen auch gern hohe Steuern. Kinder haben Vorrang, als Generation der Zukunft.

"Früh übt sich, wer ein Meister werden will...", sagt schon ein altes deutsches Sprichwort. In den modernen Bibliotheken, wie hier im DOKK1, werden schon die ganz Kleinen spielerisch mit Büchern in Kontakt gebracht. In großzügigen Krabbelräumen stehen erste Bilderbücher in bunten Kisten, die schon die Kleinsten mit viel Spaß ausräumen. Und auch mal staunend betrachten.

Für Familien mit Kindern gehört in Skandinavien der Besuch einer Bibliothek genauso zum Alltag, wie der Einkauf im Supermarkt oder der Spaziergang durch den Park. Hier ist nicht nur viel Platz zum Spielen, sondern es wird auch für die Kleinsten gesorgt: in jeder öffentlichen Bibliothek in Dänemark gibt es diese "Baby-Buchwagen". Das macht das Stöbern in der Bibliothek einfacher.

Das Bibliotheksgebäude DOKK1 in Aarhus liegt direkt am Hafen. Rundum verglast bietet es in jede Himmelsrichtung sensationelle Ausblicke. Der Weitblick für innovative Forschung und kreative Denkarbeit wurde von den Architekten gleich mit eingeplant. Bibliotheksgebäude wie diese spiegeln den Transformationsprozess von der Buchausleihstation zum Wissenszentrum - und generieren ein völlig neues Image.

In Deutschland werden Versuche unternommen, das innovative Konzept des "Open Space" auch zu übernehmen. Was fehlt, ist die finanzielle Absicherung durch ein staatliches Bibliotheksgesetz. Einzelne Bundesländer wie Schleswig-Holstein z.B. haben das bereits eingeführt. In der Stadtbibliothek Köln gibt skandinavisches Möbeldesign den Leseräumen schon mal eine modernere Anmutung: ipad statt CD.