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Königsdramen

Jochen Kürten6. März 2008

Die Kinogeschichte ist voll von Königsdramen und Adelsgeschichten. Auf DVD kann man jetzt zwei Meisterwerke von Orson Welles und Luchino Visconti wiederentdecken. Jochen Kürten stellt sie vor.

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Auch ihn begeisterten Stoffe aus dem Theater und der Geschichte: Luchino Visconti (1906-1976), Quelle: AP
Auch ihn begeisterten Stoffe aus dem Theater und der Geschichte: Luchino Visconti (1906-1976)Bild: AP

Orson Welles war eines der Wunderkinder der Kinogeschichte. Sein Debüt "Citizen Kane" nimmt auch heute noch auf vielen Bestenlisten den ersten Platz ein. Doch seine Karriere ist auch von vielen Niederlagen, kommerziellen Desastern und schauspielerischen Routineauftritten gekennzeichnet. Welles war zu groß für Hollywood und er hat sich wohl auch nie dem Studiosystem unterordnen wollen.

Expressionistische Szenerie

Als sich Orson Welles Mitte der 1940er-Jahre an die Verfilmung des Shakespeare-Dramas "Macbeth" machte, hatte er gerade den kommerziellen Misserfolg seiner "Lady from Shanghai" hinter sich. Und manchmal meint man in seiner Interpretation des wahnwitzigen Königsmörders die Wut über das System Hollywood durchflackern zu sehen.


Welles hatte für die Produktion nur wenig Geld zu Verfügung. Aus der Not machte er jedoch beim Drehen eine Tugend. Die kargen Bauten am Set verwandelten er und sein Team in eine gespenstisch dunkle, expressionistische Szenerie. Das Macbeth-Schloss besteht aus feuchten Höhlen, dunklen Gängen und felsartigen Bauten. Die Darsteller agieren fast wie im Stummfilm - statisch, aber ungeheuer eindrucksvoll. Die Kameras tauchen alles in ein Licht mit langen Schatten und scharfen Schwarz-Weiß-Konturen.

Shakespeare-Fan Welles

Cover von Welles' "Macbeth", Quelle: Arthaus
Originell aber werkgetreue: Welles' Shakespeare-Verfilmung sorgte für Furore

"Diese Leute haben mehr Leben, als irgendein menschliches Wesen jemals hatte. Aber man kann sich nicht einfach umziehen und in ihre Haut schlüpfen, man muss eine Welt für sie erschaffen," sagte Welles zu seinem Werk. "Ich versuche die äußere, wirkliche Welt durch dieselben Augen zu sehen, wie die innere erfundene Welt. Ich möchte eine Art Einhalt herstellen."

Als "Macbeth" in die Kinos kam, meinten viele Kritiker, es sei zuviel Welles und zu wenig Shakespeare in dem Film. Das würde heute wohl niemand mehr behaupten. Welles' Macbeth ist eine phantastische Reise in die Shakespeare-Welt mit Anklängen beim Film Noir, dem deutschen Film-Expressionismus bis hin zu Fritz Langs Nibelungenverfilmung.

Rätselhafter Tod im See

Cover "Ludwig II.", Quelle: Arthaus
Helmut Berger und Romy Schneider in Viscontis opulenter Biografie

Mindestens ebenso bizarr wie Welles' Macbeth ist Viscontis bayerischer König Ludwig II. Der italienische Meisterregisseur hatte sich Anfang der 1970er Jahre schon lange von seinen neorealistischen Wurzeln entfernt. Und so zauberte Visconti einen Rausch aus Bildern, Farben und Musik auf die Leinwand.

"Ein ewiges Rätsel will ich bleiben mir und anderen" schrieb der bayerische König in einem Brief an sein Idol Richard Wagner. Dieses Rätsel hat auch Visconti nicht gelöst und wohl auch nicht lösen wollen. Der Deutsche Helmut Berger spielt in dem über dreistündigen Film die Rolle seines Lebens: einen zwischen Kunstliebe, Homosexualität und Herrscherattitüde schwankenden Monarchen. Das Geheimnis um Ludwigs Tod im Starnberger See aber bleibt auch bei Visconti bestehen.

Die Filme von Welles und Visconti sind beim Anbieter "Kinowelt/Arthaus" erschienen, jeweils mit umfangreichem Bonusmaterial und in den von den Regisseuren ursprünglichen geplanten aber selten gezeigten Fassungen.