Dutertes Image als Freund des Volkes
12. September 2016Am 31. August wurde eine Gruppe 128 philippinische Arbeitskräfte aus Saudi Arabien zurück die Heimat geflogen. Ihr Arbeitgeber in dem durch sinkende Ölpreise gebeutelten Land hatte Konkurs angemeldet. Die Arbeiter mussten sehen, wo sie blieben, ohne Arbeit, ohne Gehalt und ohne Möglichkeiten zur Heimreise.
Schätzungen zufolge sind 12.000 philippinische Arbeitskräfte von der Wirtschaftskrise im saudischen Königreich betroffen. Rund 60 Prozent nahmen an dem Rückführungsprogramm teil. Am Flughafen von Manila wurden die 128 von Präsident Duterte begrüßt, der ihnen weitere Hilfe versprach. (Artikelbild) Er sagte, er sei sofort bereit gewesen, persönlich nach Saudi Arabien zu fliegen und die Arbeiter zurückzuholen, als er von ihrer prekären Lage gehört habe.
"Ich glaube, bei den Wählern kam Duterte als glaubwürdig und ehrlich an, sie waren von seiner Art angenehm überrascht", sagt Pia Ranada Robles, die den Wahlkampf Dutertes journalistisch aus nächster Nähe beobachten durfte. "Duterte sprach wie die einfachen Leute, er fluchte, machte Witze, flirtete mit den Frauen. Das kam alles als sehr spontan rüber, er war ein Mensch wie du und ich, man hatte nicht das Gefühl, dass das nur eine Wahlkampfmasche wäre", sagt Robles.
Beliebt bei reich und arm
Duterte gewann mit 16 Millionen Stimmen, sein engster Verfolger war Manuel Roxas, Spitzenkandidat der zuvor regierenden Liberalen Partei. Dieser kam auf knapp zehn Millionen Stimmen. Dutertes Image als Führer mit eiserner Faust aber weichem Herzen, der mit dem Versprechen antritt, die Dinge zu ändern, kommt an, und zwar bei den reicheren ebenso wie bei den ärmeren Teilen der Bevölkerung.
"Die wohlhabenderen Schichten fühlten sich von seinem Versprechen angezogen, für Ordnung im chaotischen Alltag der Städte zu sorgen, ein Hauptanliegen der urbanen Mittelschicht. Die Armen wiederum wurden durch seine Empathie für ihn eigenommen, durch sein Versprechen, für sie zu sorgen, für sie zu kämpfen", erläutert Journalistin Robles.
Etwa ein Viertel der Bevölkerung gilt als arm. Trotz des eindrucksvollen Wachstums der Philippinen in den vergangenen Jahren verlassen im Durchschnitt jeden Tag rund 4000 Filipinos das Land, auf der Suche nach einem besseren Leben im Ausland.
Einsatz für die Übersee-Arbeiter
Rund zehn Millionen von ihnen verdingen sich in aller Welt als Arbeitskräfte, die meisten im Mittleren Osten. In den Philippinen lautet die Abkürzung für diese Wanderarbeiter OFW (overseas Filipino worker). Sie sind oft im Dienstleistungs- und Niedriglohnsektor beschäftigt, mit entsprechend schlechten Arbeitsbedingungen. Berichte über krasse Ausbeutung und Misshandlung sind dabei ebenso häufig wie über das Leiden am jahrelangen Leben in der Isolation und fern der Familie. Dennoch ziehen viele dieses Leben demjenigen in der Heimat vor, denn in Saudi Arabien verdienen sie als Hausangestellte mit 400 US-Dollar mehr als das, was sie in den Philippinen bekommen könnten.
Diese "OFWs" gelten in der Heimat durchaus als so etwas wie moderne Helden, man lobt ihre persönlichen Opfer und ihren Beitrag von etwa acht Prozent an der Wirtschaftsleistung der Philippinen, denn ihre Heimatüberweisungen belaufen sich auf rund 25 Milliarden US-Dollar im Jahr.
Dennoch haben viele dieser Menschen das Gefühl, dass die Regierung sie in schweren Zeiten im Stich gelassen hat. Die Interessenvertretung der philippinischen Übersee-Arbeiter Migrante International hatte bereits 2014 die Regierung in Manila über die schwierige Lage dieser Menschen informiert. Sie lobt die zupackende Art Dutertes. "Die Vorgängerregierung hat mit Aussitzen reagiert, als wir sie über die Krise der OFWs informierten. Ganz anders die Regierung Duterte, der sofort eine inter-ministerielle Sitzung einberief, eine hochrangige Delegation nach Saudi-Arabien auf den Weg schickte und die Angelegenheit als humanitäre Krise einstufte", sagt Garry Martinez, Vorsitzender von Migrante International.
Solidarität für Bombenanschlagsopfer
Dutertes Einsatz für die Arbeitskräfte in Übersee ist nur ein Beispiel für seine Art und Weise, sich Vertrauen bei der Bevölkerung zu verschaffen. Kurz bevor er nach Laos zum ASEAN-Gipfel aufbrach und eine weitere Kostprobe seiner verbalen Kraftdiplomatie gegeben hatte, diesmal gegen Präsident Obama gerichtet, kamen bei einer Bombenexplosion in Dutertes Heimatstadt Davao 14 Menschen ums Leben, viele weitere wurden verletzt.
Binnen Stunden machten Fotos von Duterte die Runde in den Medien, wie er am Anschlagsort mit angehörigen der Opfer sprach und sogar einem der Getöteten einen Kuss als letzten Gruß gab. Auch Patti Malay war von den Fotos berührt. Aber ihr Urteil zu Duterte ist zwiespältig. "Niemand wird bezweifeln, dass er sein Herz für das Volk schlägt. Aber seine Politik überzeugt trotzdem nicht."
Kein Vertrauen in Institutionen
Die Managerin in der Werbebranche glaubt nicht, dass Dutertes Politik der impulsiven Entschlüsse und ebensolchen Umsetzung den Philippinen die dringend benötigten Reformen bringen wird. Nicht zuletzt die des Justizwesens, das laut Experten wie Phelim Kine von Human Rights Watch "kaputt" ist. "Wenn die Leute sehen, dass man sich persönlichen Schutz von der Polizei kaufen oder sich von Nachstellungen durch die Justiz freikaufen kann, wächst das Gefühl, dass Regierung und Justiz das Problem sind und nicht die Lösung", so Kine gegenüber der "New York Times".
Dementsprechend ist auch die Kritik im Inland an den extra-legalen Tötungen in Dutertes Kampf gegen die Drogenkriminalität bislang gering. Und auch die Regierung sieht keine Grund, ihre "Strategie" zu ändern, wie die Antwort von Polizeichef Ronald dela Rosas auf die Frage der Deutschen Welle, wann die Tötungen enden werden, klar macht: "Wenn die Philippinen drogenfrei sind, und wenn wir alle Süchtigen rehabilitiert haben."