Durchmarsch für Poroschenko?
30. März 2014Der Boxweltmeister hat das Handtuch geworfen. Im Wahlkampf um die ukrainische Präsidentschaft hatte Vitali Klitschko kaum noch Chancen gesehen, will künftig für das Bürgemeisteramt in der Hauptstadt kandidieren.
Dass er bei der Präsidentschaftswahl nun den Milliardär Petro Poroschenko unterstützt, hält Kyryl Savin von der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew für eine "kluge Entscheidung". Denn in den letzten Wahlumfragen war der politisch unerfahrene Klitschko aussichtslos abgeschlagen. "Wahrscheinlich wird er sich bei der nächsten Gelegenheit als Präsident oder Premierminister bewerben."
Rückenwind
Für Poroschenko bedeutet Klitschkos Unterstützung zusätzlichen Rückenwind. Auch so schon hat er sich in den vergangenen Wochen glänzende Umfragewerte erarbeitet, nun könnten wichtige Prozentpunkte der Anhänger von Klitschkos Partei "Udar" ("Schlag") hinzukommen. Umso wichtiger, weil Poroschenkos eigene kleine Partei "Solidarnist" ("Solidarität") in der Vergangenheit nur wenig Wählerstimmen gewinnen konnte.
Poroschenko selbst gilt als Saubermann, ist aber aufgrund seines politischen Einflusses nicht unumstritten. Sein Vermögen - schätzungsweise rund 1,3 Milliarden Euro - hat der "Schokoladenkönig" sich selbst erarbeitet: Er begann mit dem Verkauf von Kakaobohnen, übernahm nach und nach mehrere Süßwarenfabriken und gründete dann den Branchengiganten Roshen. Heute gehören dem Oligarchen auch Automobil- und Busfabriken, eine Werft und der private Fernsehsender Kanal 5.
Weiße Weste
Beim Anhäufen seiner Milliarden habe Poroschenko eine weiße Weste behalten, meint Svetlana Zalischtschuk, die mit ihrer Nichtregierungsorganisation "Tschesno" ("Ehrlich") alle Präsidentschaftskandidaten unter die Lupe genommen hat. "Wir haben keinerlei Korruptionsfälle finden können."
Auch als Politiker habe der Milliardär vergleichsweise transparent gearbeitet, so Zalischtschuk: "Er hat letztes Jahr die Namen seiner Mitarbeiter und Bürgersprechstunden veröffentlicht. Nur seine Nebeneinkünfte hat er nicht öffentlich gemacht. Das ist das einzige Minus, das wir feststellen können."
Politischer Wendehals
Poroschenkos Popularität tut offenbar keinen Abbruch, dass er seit Beginn seiner politischen Karriere Ende der 1990er Jahre mehrmals die Partei gewechselt hat: Zuerst war er Mitstreiter des damaligen Präsidenten Leonid Kutschma, dann gründete er mit Kutschmas Ziehsohn Viktor Janukowitsch die "Partei der Regionen", bis er sich schließlich mit dessen Widersacher Viktor Juschtschenko zusammentat. Als einziger Oligarch unterstützte er die Orangene Revolution und wurde Außenminister. Als Janukowitsch ans Ruder kam, übernahm er kurzzeitig das Wirtschaftsministerium. Bei den jüngsten Maidan-Protesten war er wieder an der Seite der Opposition.
Diese parteipolitischen Kapriolen hält Kyryl Savin für Poroschenkos Überlebensstrategie: "Als Geschäftsmann, der große Geschäfte macht, sollte man am besten nicht in der Opposition sein, sonst leidet das Geschäft." Savin mag nicht ausschließen, "dass Poroschenko auch künftig seine politischen Vorlieben wechseln wird."
Absage an Radikalnationalisten
Bei aller Kampfesrhetorik gegen Russland distanziert sich der Milliardär klar von den Rechtsextremisten. "Ich sehe nicht, dass er diese radikalnationalistische Karte spielen wird", sagt Savin. "Im Gegenteil: Er wird versuchen, das Land irgendwie zusammenzuhalten."
Umfragen zeigen: Anders als seine Widersacherin Julia Timoschenko ist Poroschenko auch in den eher russlandfreundlichen Gegenden im Osten des Landes populär. Savin erklärt das unter anderem mit seinem Reichtum: "Das ist für ostukrainische Wähler eher ein positives Signal: 'Es ist einer von uns - oder einer, der unseren großen Herren ähnlich ist.'"
Kopf-an-Kopf-Rennen?
Seit ein Telefonmitschnitt aufgetaucht ist, in dem Julia Timoschenko Todesdrohungen gegen Russlands Präsident Wladimir Putin äußerte, sind ihre Umfragewerte im Sinkflug. Ist Poroschenko also ein Durchmarsch im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl zuzutrauen? Savin ist skeptisch: "Timoschenko ist bekannt dafür, dass sie sehr gut Wahlkämpfe führen und Stimmen gewinnen kann. Deshalb glaube ich an ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Beide gehen sehr wahrscheinlich in die Stichwahl."
Svetlana Zalischtschuk sieht für die einstige Ikone der Orangenen Revolution hingegen kaum Chancen. "Sie ist eine Politikerin der Vergangenheit. Ihre Ära ist vorbei."