Drohungen gegen Fatih Akins neuen Film
5. August 2014Via Twitter ließ das rechtsnationalistische Magazin Ötüken verlauten, man werde nicht hinnehmen, dass der Regisseur Fatih Akin in Kooperation mit der armenischen Wochenzeitung "Agos" den Film "The Cut" in der Türkei zeigt. "Wir richten eine offene Drohung an 'Agos', armenische Faschisten und sogenannte Intellektuelle", hieß es in dem Tweet. Der Film sei "ein erster Schritt, die Türkei dazu zu bringen, die Lüge vom armenischen Genozid zu akzeptieren". Das wollen die Extremisten offensichtlich nicht hinnehmen. Und weiter: "Wir beobachten das mit unseren weißen Mützen."
Völkermord nicht anerkannt
Die "weißen Mützen" sind eine Anspielung auf die Kopfbedeckung des rechtsnationalistischen Türken, der den armenischen Journalisten Hrant Dink ermordete. Der Chefredakteur der Wochenzeitung "Agos" war 2007 in Istanbul auf offener Straße vor dem Redaktionsgebäude erschossen worden – offenbar weil er immer wieder eine Anerkennung des Völkermords an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges gefordert hatte. Die Türkei weist den Vorwurf bis heute zurück.
Ursprüngliches Projekt abgesagt
Ursprünglich hatte der preisgekrönte Regisseur und Filmemacher Fatih Akin einen Film über den ermordeten Dink drehen wollen, fand aber keinen türkischen Schauspieler, der die Rolle übernehmen wollte - aus Angst vor der Reaktion ultranationaler Gruppen. Da Akin niemanden in Gefahr bringen wollte, sagte er das Vorhaben ab und widmete sich stattdessen seinem neuen Projekt "The Cut". Auch in diesem Film geht es um den Völkermord an den Armeniern: Er erzählt die Geschichte eines Mannes, der das Massaker überlebt und sich auf die Suche nach seinen Töchtern macht. Die Hauptrolle spielt keine Türke, sondern der algerisch-stämmige Franzose Tahar Rahim.
"Reif für den Film"
Die Türkei sei jetzt "reif" für diesen Film, sagte Fatih Akin im Vorfeld zur Premiere seines Streifens Ende August beim Filmfestival in Venedig. "Wer auch immer Angst davor hat, dem sage ich: Es ist nur ein Film. Aber ich bin mir sicher, dass die türkische Gesellschaft, deren Teil ich bin, reif ist für diesen Film."
Nach den öffentlichen Drohungen der Ultranationalisten kündigte die Wochenzeitung "Agos" nun rechtliche Schritte an. Regisseur Akin macht derzeit Urlaub und hat noch keine Stellungnahme abgegeben.
suc/rey (KNA/ Spiegel Online)