1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Drohnenkrieg-Zentrale Deutschland?

Heiner Kiesel4. April 2014

Neue Recherchen zeigen: Gezielte Tötungen vermeintlicher Terroristen durch die USA mithilfe von unbemannten Flugzeugen wurden von Süddeutschland aus gesteuert. Die Bundesregierung reagiert zurückhaltend.

https://p.dw.com/p/1BbsV
Kampfdrohne X-47B - Foto: Steve Helber (AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo

Deutschland hat erneut ein Problem mit den USA. Wie Recherchen der Süddeutschen Zeitung, des NDR und WDR zeigen, führt die Weltmacht ihren Drohnenkrieg von deutschem Boden aus. Und das, obwohl US-Präsident Barack Obama noch vergangenen Sommer klar dementierte: "Ich weiß, dass es einige Berichte in Deutschland gegeben hat, dass es das eventuell der Fall sei. Das ist nicht der Fall", hatte er bei seinem Deutschlandbesuch verkündet.

Gar nicht eventuell sondern ziemlich zentral sei die Rolle des US-Stützpunktes Ramstein in Baden-Württemberg und des Einsatzführungskommandos Africom, das sein Hauptquartier bei Stuttgart hat, berichten die Medien. Sie zitieren einen ehemaligen Drohnenpiloten mit den Worten: "Ohne Deutschland wäre der gesamte Drohnen-Krieg des US-Militärs nicht möglich." Allerdings wurde in dem Bericht auch beschrieben, dass die eigentliche Steuerung von den USA aus erfolgt. Der Pilot mit dem Joystick in der Hand sitzt also in den Vereinigten Staaten,

Jan van Aken - Foto: dpa
Linken-Politiker van Aken: "Die Bundesregierung macht sich an völkerrechtswidrigen Tötungen mitschuldig"Bild: picture-alliance/dpa

Dennoch: "Das ist jetzt noch mal eine neue Runde, nachdem wir wussten, dass das Afrikakommando der USA in Deutschland die Drohnenangriffe in Afrika steuert", sagt Jan van Aken, der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion der Linken im Bundestag der Deutschen Welle. Dass weltweit Drohnen von hier dirigiert werden, könne man nicht einfach so hinnehmen, ärgert sich der Linken-Politiker. Die Bundesregierung müsse hier deutlich nachhaken, denn sie mache sich hier an völkerrechtswidrigen Tötungen mitschuldig. "Das Mindeste, was Frau Merkel jetzt tun kann, ist jedwede Mitwirkung zu unterbinden, also beispielsweise die deutschen Soldaten abzuziehen, die möglicherweise in diesen Stäben mitarbeiten."

Heikles Thema für die Bundesregierung

Nach unmittelbaren Konsequenzen sieht es allerdings bisher nicht wirklich aus. "Die Bundesregierung wird dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages Auskunft geben, wenn das gewünscht ist", äußerte sich Regierungssprecher Steffen Seibert knapp am Freitag (04.04.2014). Seibert unterstrich, dass auch in den Medienberichten nicht die Rede davon sei, dass die Todesdrohnen von Deutschland aus gesteuert und geflogen würden. Aber, man nehme die Berichte ernst. Weiter hieß es vonseiten der Bundesregierung, dass die wiederholten Vorwürfe, die Aktionen der USA seien völkerrechtswidrig, jeweils im Einzelfall geprüft werden müssten.

Steffen Seibert - Foto: Wolfgang Kumm (dpa)
Regierungssprecher Seibert: "Regierung nimmt Berichte ernst"Bild: picture-alliance/dpa

Die Süddeutsche Zeitung führt aus, dass im Drohnenkrieg der USA schon 1000 Menschen getötet worden seien - ohne Gerichtsurteil und auf Anweisung oder mit Billigung des US-Präsidenten. Rechtlich sind Handlungsmöglichkeiten Deutschlands begrenzt, wie ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags feststellt. Die US-Soldaten in Deutschland unterstehen der US-Justiz. Es könnte allenfalls politischer Druck ausgeübt werden - zum Beispiel durch einen offiziellen Protest. Doch auch das wird als nicht sehr wirksam eingeschätzt. Die Drohnen sind ein schwieriges Thema für die Bundesregierung. Also wird jedes Wort dazu sorgsam gewogen.

Ganz anders liest es sich jedoch im Koalitionsvertrag, der dem Bündnis aus SPD und Unionsparteien zugrunde liegt. Dort ist klar festgelegt: "Extralegale völkerrechtswidrige Tötungen mit bewaffneten Drohnen lehnen wir kategorisch ab." Die Politiker der Regierungsparteien müssten also etwas tun. "Die werden jetzt aber eher die Zähne zusammenbeißen und stillhalten", vermutet der Oppositionspolitiker Jan van Aken.