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Drei weitere türkische Reporter vor Gericht

1. Dezember 2015

Ungeachtet der jüngsten Annäherung an die EU geht Präsident Erdogan nach wie vor mit Härte gegen Meinungsfreiheit und Journalisten vor. Position bezieht jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

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Erst am Sonntag protestierten hunderte Erdogan-Gegner für Meinungsfreiheit in der Türkei (Foto: dpa)
Erst am Sonntag protestierten hunderte Erdogan-Gegner für Meinungsfreiheit in der TürkeiBild: picture alliance/dpa/T. Bozoglu

Staatschef Recep Tayyip Erdogan sieht sich durch eine Schlagzeile der Tageszeitung "BirGün" aus dem Februar beleidigt. Er war seinerzeit als "Dieb" und "Mörder" bezeichnet worden. In Istanbul begann jetzt der Strafprozess gegen drei leitende Redakteure des Blattes. Ihnen droht bei einer Verurteilung laut Medienberichten jeweils bis zu vier Jahre Gefängnis. Die Zeitung hatte seinerzeit mit ihrem Artikel dagegen protestiert, dass Teilnehmer regierungskritischer Demonstrationen wegen ähnlicher Parolen vor Gericht gestellt worden waren.

Steuerprüfung bei "Cumhuriyet"

Erst in der vergangenen Woche steckte die türkische Justiz zwei namhafte Journalisten - den Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, und Hauptstadtkorrespondent Erdem Gül - unter dem Vorwurf des Geheimnisverrats in Untersuchungshaft. Hintergrund ist ein von beiden Reportern verfasster Bericht vom Sommer über angebliche Waffenlieferungen der türkischen Regierung an IS-Kämpfer in Syrien.

Doch die harten Zeiten für "Cumhuriyet" sind längst noch nicht vorbei. Auch das Finanzministerium geht nun gegen die Zeitung vor. Die Behörde kündigte eine neue Kontrolle der Buchhaltung von 2010 an, obwohl es bei der Prüfung vor fünf Jahren keine Beanstandung gegeben hat, wie das Blatt an diesem Dienstag schreibt. Der Vorstandsvorsitzende von "Cumhuriyet" spricht von einer politisch motivierten Aktion.

Staatschef Erdogan (Foto: rtr9
Staatschef Erdogan lässt sich sein Verhalten nicht vorschreiben - auch nicht von europäischen InstitutionenBild: Reuters/C. Hartmann

Straßburg verurteilt Türkei wegen YouTube-Sperren

Kritiker im In- und Ausland werfen Erdogan und der Regierung in Ankara vor, mit immer drastischeren Mitteln gegen kritische Journalisten und Medien vorzugehen. Position bezieht jetzt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR). Er verurteilte die Türkei wegen der von Mai 2008 bis Oktober 2010 staatlich angeordneten Sperren der Internet-Videoplattform YouTube. Damit habe Ankara gegen die Menschenrechtskonvention zur Informationsfreiheit verstoßen. Die Richter gaben damit den Klagen dreier türkischer Juristen statt.

Wichtige Informationsquelle für Bürgerjournalismus

Anlass der Blockade des Online-Portals waren mehrere Videos, die von der Regierung als Beleidigung des Gründervaters der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, gewertet worden waren. Der Menschenrechts-Gerichtshof betont nun, YouTube sei eine wichtige Informationsquelle und Plattform für Bürgerjournalismus. Dort könnten Informationen und Meinungen ausgedrückt werden, die in den "traditionellen" Medien der Türkei nicht zur Sprache kämen.

Neben YouTube hat die koservativ-islamische AKP-Führung in der Vergangenheit auch tausende andere Webseiten immer wieder sperren lassen. Im vergangenen Jahr waren zeitweise auch der Kurznachrichtendienst Twitter und abermals YouTube nicht erreichbar, weil über beide Dienste Tonbandaufnahmen mit Korruptionsvorwürfen gegen Erdogan und seinen innersten Machtzirkel verbreitet worden waren.

se/rb (ap, kna, ape, dpa)