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Drei-Prozent-Klausel gekippt

26. Februar 2014

Auch die neue deutsche Sperrklausel von drei Prozent bei Europawahlen verstößt gegen die Verfassung. Das entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und gab damit der Klage vieler kleiner Parteien recht.

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BVG-Urteil zur Europawahl 2014 mit Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle (foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Bei der nächsten Europawahl am 25. Mai werden in Deutschland voraussichtlich keinerlei Sperrklauseln mehr gelten, anders als in den meisten anderen EU-Ländern. Auch die erst im Oktober eingeführte Drei-Prozent-Hürde ist verfassungswidrig und benachteiligt ungerechtfertigt die kleineren Parteien: So das am Mittwoch in Karlsruhe verkündete Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Sperrklausel verstoße gegen Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien, erklärte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle.

Nicht wie im Bundestag

Die Richter entschieden demnach mit einer Mehrheit von fünf zu drei Stimmen, dass eine derartige Beschränkung weiterhin noch nicht nötig sei, "um die Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments zu erhalten". Das Parlament sei zwar auf dem Weg, sich als institutioneller Gegenspieler der EU-Kommission zu profilieren. Dies könne aber noch nicht mit der Situation im Bundestag verglichen werden, "wo die Bildung einer stabilen Mehrheit für die Wahl einer handlungsfähigen Regierung und deren fortlaufende Unterstützung nötig ist", so die verlesene Begründung.

Gegen die Drei-Prozent-Sperre hatten mehrere Kleinparteien und mehr als 1000 Bürger geklagt. Die Kläger, von den Freien Wählern über die Piratenpartei bis zu den Grauen Panthern, hatten den im Bundestag vertretenen Parteien vorgeworfen, mit der Festsetzung der Hürde nur eigene Interessen verfolgt zu haben. Aus Sicht des Parlaments hingegen war die Klausel notwendig, um eine noch größere Zersplitterung im EU-Parlament zu verhindern.

Ende 2011 hatten die Karlsruher Richter die bis dahin geltende Fünf-Prozent-Hürde kassiert, weil sie die Stimmengleichheit der Wähler und die Rechte kleiner Parteien verletzt sahen. Daraufhin hatte der Bundestag die Klausel gesenkt. Doch auch gegen diese Beschränkung waren dann die Verfassungsklagen eingegangen.

Wieviele Parteien verträgt das EU-Parlament?

Klägervertreter Hans Herbert von Arnim argumentierte, 2009 seien aufgrund der Hürden rund 2,8 Millionen Wählerstimmen unter den Tisch gefallen. Hätte es damals keine Sperren gegeben, säßen jetzt 13 deutsche Parteien im Europäischen Parlament, selbst die Tierschutz- und die Rentner-Partei, malten die Gegner ihr Schreckensszenario für Straßburg.

CDU und CSU im EU-Parlament haben das Karlsruher Urteil kritisiert. Das Gericht habe die Chance verpasst, die neuen Realitäten in Europa anzuerkennen, erklärten der Vorsitzende und der Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Herbert Reul und Markus Ferber. Es gebe in allen großen EU-Ländern aus guten Gründen Sperrklauseln. "Nun müssen wir mit den Urteil leben und auch damit, dass wir Splitterparteien und radikale Kräfte aus Deutschland im EU-Parlament haben werden..."

SC/kle (afp, dpa, rtr)