Deutsche Direktoren für italienische Museen
19. August 2015Eike Schmidt hat schon große Pläne für seine neue Aufgabe: Die ewige Warterei vor den Uffizien in Florenz soll bald Vergangenheit sein. Als erster ausländischer Direktor wird der 47-Jährige die weltberühmte Kunstsammlung führen, schon im Oktober soll er seinen neuen Posten an der renommierten Gemäldegalerie antreten. "Ich liebe Florenz", sagt er im Interview mit der Deutschen Welle, die "Wiege der Renaissance, auch des Barock und des Neoklassizismus", zu der man als Kunsthistoriker immer wieder zurückkehre. Jetzt kehrt er zurück, um zu bleiben: Das italienische Kulturministerium hat den gebürtigen Freiburger in einem internationalen Bewerbungsverfahren ausgewählt.
Eike Schmidt – international erfahrener Kunsthistoriker
Der künftige Direktor der Uffizien ist ein international erfahrener Kunsthistoriker. Noch arbeitet Schmidt in den USA am Minneapolis Institute of Arts. Dort leitet er seit 2009 die Abteilung für Angewandte Kunst, Textilien und Skulptur. Vor seiner Anstellung in Minnesota war er Kurator in der National Gallery of Art in Washington und im J. Paul Getty Museum in Los Angeles. Studiert hat er an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg, Moderne und Mittelalterliche Kunst. Danach war er in London beim Auktionshaus Sotheby's Experte für Skulptur und angewandte Kunst in Europa.
Mit Florentiner Kunst kennt er sich bestens aus: In den 90er Jahren lebte und arbeitete er in Italien, von 1994 bis 2001 forschte er am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz. Aus dieser Zeit stammen wichtige Kontakte. Die Kombination aus Kontakten nach Florenz, Kenntnis des italienischen Systems und internationaler Erfahrung sei ein wichtiger Faktor für seine Berufung an eines der "bedeutendsten Museen der Welt" gewesen, glaubt Eike Schmidt.
Ideen, um die Uffzien, die mit zwei Millionen Besuchern jährlich ohnehin gut "in Schwung" seien, noch ein bisschen zu entstauben, bringt er jedenfalls schon im Vorfeld ein: privates Sponsoring, Online-Ticket-Verkäufe, noch intensiveren Kulturtourismus in Italiens entlegeneren Regionen. "Ein paar Dinge" möchte er jedoch noch "in Minneapolis abschließen" – danach wartet der Traumjob.
Cecilie Hollberg – die resolute Managerin
Neben Schmidt wurde auch die Deutsche Cecilie Hollberg für einen Führungsposten in Italien ausgewählt. Sie soll die Galleria dell'Accademia in Florenz leiten, in der unter anderem Michelangelos David-Skulptur zu sehen ist. Die Expertin für die Geschichte des Mittelalters studierte unter anderem in Rom und Norditalien.
Die 48-Jährige aus Soltau in Niedersachsen führt seit 2010 das Städtische Museum in Braunschweig. Ehe sie als "resolute neue Leiterin", wie die taz damals schrieb, dort antrat, war sie am Landesmuseum Hannover, davor in Leipzig, Dresden und Magdeburg. "Sie vertrieb den mentalen Muff aus der Institution", urteilte die Zeitung in ihrem Bericht (taz, 29.06.2012). Dem Wunsch des italienischen Kulturministers entsprechend, könnte sie in Florenz Ähnliches leisten. "Die Reform soll die Museen Italiens, die um Jahrzehnte zurückliegen, in die Gegenwart holen", zitiert sie den Minister im DW-Interview. "Er will frischen neuen Wind."
In Braunschweig ist ihr das gelungen, indem sie durch neue Initiativen zusätzliche Mittel zum Erhalt der wertvollen Sammlung ihres Museums sicherte. Für ein Projekt zur Rettung alter Musikinstrumente schlossen sich in Braunschweig im Rahmen des Bündnisses zur Erschließung und Sicherung von Museumsdepots "Kunst auf Lager" beispielsweise mehrere Stiftungen zusammen – eine Erfahrung, die ihr sicherlich in Florenz nützen wird.
Managerqualitäten sind das eine, aber auch die lange Publikationsliste der zukünftigen Direktorin belegt, wie geeignet sie für ihren neuen Job in Italien ist. Neben den zahlreichen Büchern, die sie, meist als Veröffentlichung ihres Museums, herausgegeben hat, finden sich auch eigene Schriften. "Deutsche in Venedig im späten Mittelalter" ist einer der Titel – in naher Zukunft geht es um eine Deutsche in Florenz, an einem der "renommiertesten Museen der Welt".
Gabriel Zuchtriegel – Jugend für Paestum
Mit 34 Jahren ist der baden-württembergische Archäologe Gabriel Zuchtriegel als neuer Leiter der Ausgrabungen von Paestum der jüngste unter den zwanzig neuen Leitern italienischer Kultureinrichtungen. Der in Weingarten geborene Kunsthistoriker hat am Winckelmann Institut der Humboldt-Universität in Berlin einen Abschluss in prähistorischer und griechischer Archäologie gemacht und wurde anschließend in Bonn zum klassischen Archäologen promoviert.
Italiens Ausgrabungsstätten ist er schon seit 2010 verbunden. Er ist Professor an der Università di Basilicata, wo er Archäologie und Griechisch-römische Kunstgeschichte unterrichtet. Seit einigen Monaten arbeitet er mit dem technischen Sekretariat für die Ausgrabungen in Pompeji zusammen. Im Interview mit der italienischen Zeitung La Repubblica (19.08.2015) spricht er davon, dass er die Ruinenstätte, die zum UNESCO-Welterbe gehört, besonders für Kinder attraktiver machen möchte. "Ich habe selber zwei kleine Kinder, an die denke ich – für sie und die Schulen müssen wir die archäologische Geschichte besser erzählen. Wir müssen mehr tun, um ihnen begreiflich zu machen, wie wertvoll unser kulturelles Erbe ist." Seine relative Jugend, so sagt er, könne ihm dabei nur von Nutzen sein.