Draghi wirbt für "Wiederaufbau" in Italien
17. Februar 2021Bei seiner ersten Ansprache im Senat hat Italiens Ministerpräsident Mario Draghi den Kampf gegen COVID-19 zur obersten Priorität erklärt. Um die Impfungen zu beschleunigen, kämen Armee und Zivilschutz zum Einsatz. Außerdem müssten die örtlichen Krankenhäuser gestärkt und der Schulbetrieb rasch wieder aufgenommen werden.
Draghi sagte in Rom, er spüre den Schmerz derer, die unter dem Wirtschaftseinbruch als Folge der Pandemie litten. Zugleich versprach der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank, das Steuer- und Justizsystem sowie die öffentliche Verwaltung grundlegend zu reformieren. "Wie die Regierungen in der unmittelbaren Nachkriegszeit haben wir die Verantwortung, einen neuen Wiederaufbau zu beginnen."
"Ein besseres und gerechteres Land hinterlassen"
Es sei die Aufgabe der Gegenwart, "unseren Kindern und Enkelkindern ein besseres und gerechteres Land zu hinterlassen". Draghi warb zudem für eine "stärker integrierte EU, die in einen gemeinsamen Haushalt mündet und in der Lage ist, die Mitgliedstaaten in Zeiten der Rezession zu unterstützen".
Nach mehrstündiger Debatte wird erstmals über die neue Einheitsregierung abgestimmt, die alle großen Parteien im Parlament hinter sich weiß. Die Vertrauensfragen im Senat und - voraussichtlich am Donnerstag - in der größeren Abgeordnetenkammer gelten wegen der breiten Unterstützung als Formsache.
Experten und Veteranen
Draghi war am Samstag nach wochenlanger politischer Krise vereidigt worden. Sein Kabinett setzt sich aus parteilosen Experten, Politikveteranen und einer Reihe von Ministern der Vorgängerregierung zusammen. Der 73-Jährige sieht sich großen Aufgaben gegenüber: Die Wirtschaft ist in die tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg gerutscht; 420.000 Menschen haben ihre Arbeit verloren. Italien gehört zu den Ländern, die am schlimmsten von der Corona-Pandemie betroffenen sind. Bislang starben fast 100.000 Menschen an oder mit dem Virus.
Die alte Mitte-Links-Koalition von Regierungschef Giuseppe Conte war im Januar durch den Auszug der Splitterpartei Italia Viva von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi zerbrochen. Grund war ein Streit um die Verteilung von rund 200 Milliarden Euro, die von der EU als Hilfsgelder in der Corona-Krise fließen.
jj/kle (dpa, afp, rtr)