Leitzins bleibt unverändert
4. April 2014Die Inflationsrate im Euroraum war im März auf 0,5 Prozent gesunken. Die Europäische Zentralbank bleibt damit seit mehr als einem Jahr hinter ihrem selbst gesteckten Ziel zurück, eine Teuerungsrate von um die 2,0 Prozent zu erreichen.
In Spanien, Griechenland, Portugal und Zypern, allesamt Krisenstaaten der Europäischen Union (EU), war die Inflationsrate zuletzt sogar negativ. Das schürt Sorgen vor einer Deflation, also einem Verfall der Preise quer durch alle Warengruppen.
Die EZB beobachte diese Entwicklung genau, sagte Mario Draghi, der Präsident der Zentralbank, nach der Zinssitzung. "Je länger die Periode niedriger Inflation andauert, desto größer ist das Risiko, dass sich die Inflationserwartungen mittel und langfristig anpassen."
Gefahr Deflation
Dann würden Unternehmen und Verbraucher weniger investieren und konsumieren, weil sie damit rechnen, in der Zukunft weniger zahlen zu müssen. Das könnte die ohnehin schwache Erholung in Europa abwürgen.
Trotzdem hat sich die EZB entschieden, vorerst nichts zu tun. Sie brauche dazu weitere Informationen, so Draghi. Denn einige der möglichen Gründe für die niedrige Inflationrate sind ungefährlich, etwa gesunkene Energiepreise oder die Tatsache, dass die Osterferien in diesem Jahr später stattfinden. Die für die Ferienzeit typischen Preisanstiege bei Reisen und Dienstleistungen sind in diesem Jahr erst im April zu erwarten.
Die EZB will also abwarten und beobachten - und ihr Pulver nicht vorzeitig verschießen. Bei den Zinsen bleibt kaum noch Spielraum, schließlich liegen sie bereits auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent.
Entschlossenheit ist alles
Trotzdem bemühte sich Draghi, den Eindruck von Entschlossenheit zu vermitteln. "Im Gouverneursrat der EZB herrscht Einstimmigkeit darüber, im Rahmen seines Mandats auch unkonventionelle Maßnahmen einzusetzen", so Draghi.
"Unkonventionelle Maßnahmen" ist die Bezeichnung der Notenbanker für alles, was über das normale Geschäft hinausgeht. Dazu zählen billige Milliardenkredite für Banken, wie sie die EZB in der Vergangenheit mehrfach vergeben hat, die Bereitschaft, auch weniger sichere Papiere als Sicherheit für die Refinanzierung zu akzeptieren, oder der Ankauf von Pfandbriefen und Staatsanleihen am Sekundärmarkt.
Details wollte Draghi nicht nennen. Er sagte aber, dass die sogenannte "quantitative Lockerung", also der massive Ankauf von Anleihen, wie sie die US-Notenbank Fed praktiziert, nicht einfach auf den Euroraum übertragbar wäre. "In den USA hat quantitative Lockerung einen sofortigen Effekt auf den Preis aller Anlagen, denn die US-Wirtschaft hängt von den Kapitalmärkten ab", so Draghi. "Unsere Wirtschaft hängt dagegen von der Kreditvergabe durch Banken ab. Wenn das Bankensystem nicht funktioniert, kann die Wirtschaft in der Eurozone nicht auf den Wachstumspfad zurückkehren."
Nein zu Frankreich
Die Zeichen für einen wirklichen Aufschwung in Europa bleiben dagegen schwach. Sorgen macht dem Notenbanker vor allem die Arbeitslosigkeit. "Wenn die sehr hohen Arbeitslosenraten länger andauern, werden sie zu einem strukturellen Problem", so Draghi. "Und dann wird es viel schwieriger, sie mit normalen Maßnahmen wieder zu senken."
Trotzdem wandte sich Draghi mit deutlichen Worten gegen die jüngsten Wünsche aus Italien und Frankreich, die Spar- und Reformprogramme etwas zu lockern. "Wer sich nicht an vereinbarte Regeln hält, der untergräbt das Vertrauen", so Draghi. Frankreichs neuer Finanzminister Michel Sapin hatte am Donnerstag gesagt, sein Land wolle den Zeitplan zum Abbau des französischen Staatsdefizits mit der EU neu verhandeln.
Nicht erfreut war Draghi auch über die französische Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Die hatte ihm einen Tag vor der Zinssenkung empfohlen, die Geldpolitik weiter zu lockern, um die Wirtschaft zu stützen und etwas gegen die niedrige Inflation zu tun. Der IWF sei in letzter Zeit "sehr großzügig mit Ratschlägen", bemerkte Draghi trocken. "Vielleicht könnte sich der IWF ja auch mal einen Tag vor der nächsten US-Zinssitzung zu Wort melden."