Einfach Spitze
Kochen ist traditionell Frauensache. Und in den meisten Haushalten ist das auch heute noch so. Ganz anders sieht es im Restaurant aus. Dort stehen traditionell Männer am Herd, erst recht in der Spitzen- und Sterneküche. Eine deutsche Drei-Sterne-Köchin gibt es noch nicht. Zwei Sterne aber hatte sie schon einmal geschafft, als bisher einzige in der Bundesrepublik: Douce Steiner aus Sulzburg im Markgräfler Land, ein kleiner Ort in der Nähe von Freiburg.
Da weiß man, was man hat
Grundvoraussetzung sind gute Produkte. "Wir haben das heimische Fleisch aus dem Münstertal. Da weiß man, wie die Tiere leben und was sie fressen." Einen großen Teil ihrer Lebensmittel bezieht Douce Steiner aus der Region und kann sich auf die Qualität ihrer Lieferanten verlassen. Auf der Speisekarte steht heute Kalbsbacke. Und ganz wichtig ist hierbei, betont die Köchin: "Dieses Gericht lebt von der Sauce."
Klar, die Sauce, ihre Feinheit entscheidet über die Qualität einer Küche. In stundenlangen Prozeduren wird aus Fleisch, Knochen, Würzgemüse und Wein eine konzentrierte Brühe hergestellt. Dieser Fond bildet die Grundlage für den guten Geschmack einer Sauce. Die aufwändige Vorarbeit bekommt der flüchtige Besucher der Sterneküche kaum zu sehen, nur wie es dann weitergeht.
Sanftes Garen für eine intensive Sauce
"Zuerst brät man die Kalbsbacke auf beiden Seiten scharf an, dann legt man sie auf die Seite. Anschließend wird Gemüse angeschwitzt. 'Mirepoix' nennt man das. Das besteht aus Sellerie, Zwiebel, Karotte. Dazu etwas Mehl, dann kommt Tomatenmark dazu und anschließend wird es mit Rotwein abgelöscht." Ein Gericht in vielen kleinen Schritten. Douce Steiner weist daraufhin, dass die Flüssigkeit eingekocht werden muss, bis nur noch die Hälfte der Flüssigkeit übrig ist. Dann kommt der Kalbsfond dazu.
Immer wieder wird die Flüssigkeitsmenge durch sanftes Köcheln reduziert und anschließend wieder aufgefüllt. "Es darf nicht kochen wie Waschwasser, sonst wird die Sauce grau", warnt Douce Steiner, "bei vorsichtiger Behandlung bekommt sie einen schönen Glanz und eine gute Konsistenz." Noch aber ist das Gericht nicht vollendet. In der fertigen Sauce wird die Kalbsbacke eine weitere Stunde bei niedriger Hitze sanft geschmort, bevor sie butterzart und hocharomatisch auf dem Teller des Gastes landet.
Essen war immer das Wichtigste
Douce Steiner ist mit der großen Küche aufgewachsen. 1980 hatte ihr Vater Paul Steiner mit seiner französischen Frau Claude das Restaurant "Zum Hirschen" in dem kleinen badischen Ort Sulzburg eröffnet. Der Erfolg kam schnell und ist bis heute geblieben. Um von anderen zu lernen, besuchten die Eltern mit der kleinen Douce oft Sterneküchen im nahen Frankreich.
"Essen war immer das wichtigste in meiner Familie", sagt die Köchin mit voller Überzeugung und strahlenden Augen, "und so ist es auch heute noch. Ein großes Auto interessiert mich nicht." Vielleicht gelingt es Douce Steiner deshalb so selbstverständlich und unprätentiös, von verschiedenen Trüffelaromen und der richtigen Hummerkonsistenz zu sprechen.
Alles, nur kein Fastfood
Trotz des ständigen Umgangs mit edlen Produkten, auch einfache Lebensmittel brauchten viel Aufmerksamkeit, betont die Sterneköchin, zum Beispiel, um aus einer einfachen Kartoffel ein feines Püree zu machen. Für sich selbst weiß sie ab und zu auch ein Schnitzel mit Kartoffelsalat zu schätzen. Nur Hamburger und anderes aus der Fastfood-Welt hat sie noch nie gemocht. Nicht mal als Kind.
Douce Steiner arbeitet im eigenen Betrieb. Nach Stationen in anderen großen Küchen in Frankreich und Deutschland hat sie das elterliche Restaurant 2008 übernommen. So lassen sich Arbeit und Familie verbinden, auch wenn die Tage früh am Morgen in der Küche beginnen und meistens erst um Mitternacht dort enden. Mutter Claude kümmert sich um die Gäste, der Vater um den Einkauf und Ehemann Udo Weiler steht mit am Herd. Ein Familienunternehmen, wie es im Buche steht.
Klassisch und kreativ
Douce Steiner ist immer auf der Suche nach neuen Geschmacksverbindungen. Der Ausgangspunkt sind dabei meistens klassische Gerichte. Was dabei herauskommt, erfordert einige Fantasie, wenn man die Komposition nur liest und nicht probieren kann: "Vor kurzem habe ich ein Langustinen-Tatar mit Sauerrahmgelee und Kaviar gemacht. Serviert wurde das ganze auf einer warmen Erbsensauce und Minze." Ob Holunder- oder Hibiskusblüte, Wildkräuter oder Brennnessel. Alles findet hier Verwendung. Solange es nur dem guten Geschmack dient.
Autor: Günther Birkenstock
Redaktion: Conny Paul